Ein Erfolg für die Ex-Rektorin der Beamtenhochschule: die Ablösung von Claudia Stöckle Anfang 2015 war rechtswidrig, urteilte jetzt das Verwaltungsgericht. Wie reagiert das Wissenschaftsministerium nun darauf?

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Ablösung der früheren Rektorin der Beamtenhochschule Ludwigsburg, Claudia Stöckle, im Februar 2015 ist rechtswidrig gewesen. Den entsprechenden Bescheid des Wissenschaftsministeriums von Theresia Bauer (Grüne) hat das Verwaltungsgericht Stuttgart jetzt aufgehoben. Damit folgte es am Tag nach der mündlichen Verhandlung einer Klage Stöckles, deren Abweisung das Ministerium beantragt hatte.

 

Das Gericht teilte zunächst nur den Tenor, nicht aber die Gründe der Entscheidung mit. Die schriftliche Begründung werde in einigen Wochen vorliegen. Gegen das Urteil könne Berufung beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg in Mannheim eingelegt werden. Stöckle äußerte sich „froh und erleichtert, dass das Gericht meine Auffassung teilt, dass meine Entlassung aus dem Rektorenamt zu Unrecht erfolgt ist“. Ein Sprecher des Wissenschaftsministeriums wollte sich zunächst nicht äußern. Man wolle erst die Begründung abwarten. Ob Berufung eingelegt wird, ließ er offen.

Mit der Ablösung Stöckles wollte das Ressort nach monatelangen Turbulenzen die „Führungskrise“ an der Beamtenhochschule beenden. Hintergrund des Aufbegehrens von Professoren war offenbar, dass sie diverse Missstände angegangen hatte. Die Ex-Rektorin selbst spricht von einer Intrige von etwa zwanzig Personen Die näheren Umstände beschäftigen derzeit einen Sonderausschuss des Landtags.

Streit um Interesse an Rehabilitation

Im vorausgegangenen Eilverfahren hatte die Ex-Rektorin vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart zunächst ebenfalls teilweise Erfolg gehabt. Bei ihrer Ablösung habe es „erhebliche Rechtsmängel“ gegeben, konstatierte es damals. Allerdings könne Stöckle nicht in das Amt zurückkehren, entschieden die Richter. Begründung: das Interesse des Landes „an einem ungestörten Funktionieren der Hochschule“. Später wurde die Entscheidung vom VGH aufgehoben. Die Voraussetzungen für ihre vorzeitige Ablösung seien wohl erfüllt, befanden die Mannheimer Richter Ende 2015. Damit war der Weg frei für die Ernennung des neuen Rektors, Wolfgang Ernst.

Am Donnerstag hatte das Verwaltungsgericht dreieinhalb Stunden lang über die Klage verhandelt. Dabei lieferten sich die Vertreter des Wissenschaftsministeriums teilweise scharfe Auseinandersetzungen mit Stöckle und ihrem Anwalt. Ein Streitpunkt war etwa, ob die Ex-Rektorin überhaupt ein Interesse an Rehabilitation habe. Dies hatte ihr Anwalt neben Fragen der Besoldung in den Vordergrund gestellt; bei den Turbulenzen an der Hochschule sei Stöckle schließlich sogar als „Kriminaltäterin“ verdächtigt worden. Die Ministeriumsvertreter warfen der Ex-Rektorin dagegen vor, sie habe von sich aus die Öffentlichkeit gesucht und daher kein Rehabilitationsinteresse mehr – was sie zurückwies.

Kommission im Fokus des Gerichts

Der Vorsitzende Richter machte deutlich, dass es dem Gericht im Wesentlichen um drei Aspekte gehe: formale Fragen wie die Öffentlichkeit der Gremiensitzungen, in denen über Stöckles Abwahl abgestimmt wurde, und die Einladung dazu, sowie um den „wichtigen Grund“ für ihre vorzeitige Ablösung. Im Mittelpunkt der Verhandlung stand die offiziell unabhängige Kommission, die Ministerin Bauer damals eingesetzt hatte. Auf das Votum der drei Pensionäre – darunter Ex-Minister Gerhard Stratthaus (CDU) – hatte sie sich bei dem neuen Anlauf zur Abwahl gestützt. Frühere Versuche waren an fehlenden Mehrheiten oder Rechtsfehlern gescheitert.

Stöckles Anwalt warf dem Ministerium vor, die Kommission als Instrument zur Abwahl benutzt zu haben. Sie sei eine reine „Hilfstruppe“ des Ressorts gewesen. Zudem rügte er die Aktenführung: erst kürzlich habe ein Mitglied noch Unterlagen bei sich zuhause gefunden. Auch die Richter äußerten sich kritisch zu der Kommission. So fehle für die Einsetzung die in Ministerien üblichen Vermerke. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse durch das Ressort könne zudem als tendenziös angesehen werden. Die Vertreter des Wissenschaftsressorts betonten hingegen, das Gremium sei „zu keinem Zeitpunkt an der kurzen Leine des Ministeriums gelaufen“. Auf Vermerke habe man verzichtet, weil die Spitze des Ressorts eingebunden war.