Urweltmuseum Holzmaden Vergangenheit hat Zukunft
Die Leitung des Urweltmuseums Hauff bleibt in der Familie. Jetzt hat in Holzmaden die vierte Generation das Ruder übernommen.
Die Leitung des Urweltmuseums Hauff bleibt in der Familie. Jetzt hat in Holzmaden die vierte Generation das Ruder übernommen.
Kreis Esslingen - Generationswechsel im Urweltmuseum Hauff: Mit Bernhard Hauff und Franziska Hauff übernimmt die vierte Generation das Ruder in dem größten Privatmuseum Deutschlands. Der 30 Jahre alte Bernhard Hauff, der über einen universitären Masterabschluss in Unternehmensführung verfügt, und seine drei Jahre jüngere Schwester, eine diplomierte Geologin, treten die Nachfolge von Rolf Hauff an.
Der 67 Jahre alte Paläontologe hatte die Leitung des renommierten Museums seinerseits im Jahr 1990 nach dem Tod seines Vaters Bernhard Hauff übernommen und der Ausstellung ihr heutiges Gesicht gegeben. Nun will er kürzer treten. Mit der Geschäftsübergabe wird ein neues Kapitel in der mehr als 100 Jahre dauernden Geschichte der Fossilienforschung und -präsentation in Holzmaden aufgeschlagen.
Gründer der Familiendynastie war Bernhard Philipp Hauff, der Urgroßvater des neuen Führungsduos. Unter dem 1866 geborenen Museumsgründer erlangte das im November 1937 eröffneten Museum und mit ihm die Fossilienfundstätte am Fuß der Schwäbischen Alb Weltgeltung. Das Fundament legte Hauff mit seiner im Jahr 1921 veröffentlichten wissenschaftlichen Arbeit „Untersuchung der Fossilfundstätten von Holzmaden im Posidonienschiefer des Oberen Lias Württembergs“ für die ihm damals die Ehrendoktorwürde der Universität Tübingen verliehen wurde.
Bernhard Philipp Hauff hatte nicht nur eine Methode zur Präparation von fossil erhaltenen Haut- und Muskulaturresten entwickelt. Ihm verdankt das Museum ein heute immer noch einmaliges Ausstellungsstück: die filigrane, in jahrelanger Arbeit Zentimeter für Zentimeter aus ihrem Schiefergrab befreite Seelilienkolonie, wie sie vor 180 Millionen Jahre auf einem 14 Meter langen Treibholzstück durch das Jurameer gesegelt war.
Ganz der Tradition verpflichtet, wollen die beiden neuen Chefs an der bewährten Linie festhalten. „Never change an running system“, sagt Bernhard Hauff. Während ihm der unternehmerische und betriebswirtschaftliche Teil zukommt, wird seine Schwester den geologisch-fachlichen Bereich abdecken. Wobei die Grenzen nach Einschätzung des Vaters fließend verlaufen werden. „In einem Familienbetrieb macht halt jeder das, was gerade ansteht“, sagt Rolf Hauff.
Beide Kinder seien früh in die Kunst der Präparation eingeführt worden und würden den Werkstattbetrieb auch von innen kennen. „Die in unseren Werkstatt vermittelten Grundlagen der Präparation unter wissenschaftlicher Anleitung ist das Rückgrat des Museums“, sagt Rolf Hauff, der seinen Nachfolgern weiterhin beratend zur Seite stehen wird. Vor allem aber will der Seniorchef die neuen Freiheiten nutzen, um den lange gehegten Traum eines zweiten Museumstandbeins zur Erfolgsgeschichte werden zu lassen. Die Urwelt-Zweigstelle am Bodensee in Bodman-Ludwigshafen hat am Fronleichnam die Tore geöffnet. In die denkmalgeschützten alten Schlosstorkel hat Hauff rund 250 000 Euro gesteckt und dort eine 200 Quadratmeter große Ausstellungsfläche geschaffen, auf der nicht nur eine Auswahl der spektakulären Fossilien aus dem Holzmadener Schiefer zu sehen sein wird. Mit Hilfe einer modernen Museumsdidaktik soll den Besuchern in dem Kulturdenkmal auch das tierische Treiben im Jurameer vor 160 Millionen Jahren plastisch vor Augen geführt werden. Nachdem das Museum inzwischen die Tore geöffnet hat, geht Hauff davon aus, dass die Versteinerungen am Bodensee-Ufer bis zu 15 000 Besucher anziehen werden. „Wir sprechen in Bodman vor allem Familien an, die in ihrem Bodensee-Urlaub oder auf einer Radtour eine einmalige Fossilienausstellung entdecken wollen“, sagt Hauff.
Der auch finanziell gewagte Aufbruch zu neuen Ufern am Bodensee hatte im Verbund mit der Coronapandemie allerdings zur Folge gehabt, dass dem Familienunternehmen das Wasser nach der halbjährigen erzwungenen Schließung bis zum Hals stand. „Wir mussten im November des vergangenen Jahres zumachen. Unsere Reserven sind mittlerweile aufgebraucht“, sagt Hauff unter Hinweis auf die laufenden Kosten, die sich pro Monat auf bis zu 10 000 Euro belaufen hätten.
Mut macht den Hauffs, dass sie in den schweren Zeiten offensichtlich von vielen Besuchern und Gönnern nicht vergessen worden sind. Eine von Bernhard Hauff über die sozialen Netzwerke ins Leben gerufene Crowd-Funding-Aktion hat binnen weniger Wochen einen Betrag von 18 000 Euro eingespielt. „Wir hätten uns auch mehr politische Unterstützung gewünscht. Schließlich erfüllen wir mit der Vermittlungsarbeit in Holzmaden einen Bildungsauftrag, den sonst das Land übernehmen müsste“, sagt Rolf Hauff. Während das Museum in der Coronakrise das volle Risiko trage, seien von staatlicher Seite ständig neue Auflagen gekommen.
Das Urweltmuseum Hauff in Holzmaden (www.urweltmuseum.de) ist seit dem 4. Juni, wieder geöffnet. Voraussetzung für einen Besuch ist die schriftliche Kontaktdatenerfassung vor Ort oder per Luca-App. Zudem müssen die AHA-Regeln eingehalten werden. Die Öffnungszeiten sind täglich von 9 Uhr bis 17 Uhr. Montag ist Ruhetag.