Vizechef Lutz Meschke befürchtet wegen des Handelskriegs Milliardenverluste für die deutsche Autoindustrie.

Stuttgart - Der Sportwagenbauer Porsche fordert einen stärkeren Einsatz der Politik im Streit über mögliche Einfuhrzölle in den USA. „Deutschland und Frankreich müssen die Initiative ergreifen, das Heft in die Hand nehmen und die EU-Kommission dazu bringen, dass verhandelt wird“, sagte der Vizevorstandschef Lutz Meschke unserer Zeitung. Meschke, der bei Porsche auch für Finanzen zuständig ist, appellierte an die Verantwortung der Politik für die Wirtschaft. „Da drohen jährliche Milliardenverluste für die deutsche Autoindustrie“, sagte Meschke mit Blick auf die von US-Präsident Donald Trump geplanten Importzölle von mindestens 20 Prozent. Derzeit werden Autos aus der EU in den USA mit 2,5 Prozent Zöllen belegt; die Europäer fordern zehn Prozent auf die Einfuhr von US-Autos.

 

Ein US-Werk ist gegenwärtig kein Thema

Porsche wäre von allen deutschen Autoherstellern am stärksten von US-Zöllen betroffen, da die Stuttgarter keine Auslandsproduktion haben und die etwa 60 000 in den USA pro Jahr verkauften Fahrzeuge aus Deutschland heraus exportieren. Das Unternehmen, das zu VW gehört, sieht keine Möglichkeit, die Zölle komplett in den Preisen an die US-Kunden weiterzugeben, sucht aber nach anderen Möglichkeiten zur Kompensation. Eine US-Produktion kommt für Meschke gegenwärtig aber ebenso wenig infrage wie die Nutzung von Kapazitäten im Werk Mexiko der Schwestergesellschaft Audi. Der Finanzchef sagte aber auch: „Wenn die Zölle zum Beispiel bei 50 Prozent lägen, müsste man sicher anders darüber nachdenken.“

Die deutsche Autoindustrie verkauft in den USA etwa 1,3 Millionen Autos pro Jahr. Knapp 500 000 Neuwagen kommen aus Deutschland über den Atlantik. Die Deutschen bauen 850 000 Autos in den USA, verkaufen davon aber vor Ort nur etwa 40 Prozent; der Rest geht in den Export. Vor allem Mercedes in Tuscaloosa/Alabama und BMW in Spartanburg/South Carolina bauen hier ihre Luxus-Geländewagen für den Weltmarkt. Das dritte große deutsche US-Werk, die VW-Fabrik in Chattanooga/Tennessee, produziert für den lokalen Markt. Einschließlich Zulieferer bietet die deutsche Autoindustrie in den USA 116 000 Arbeitsplätze.

Bei der Porsche-Mutter VW herrscht Gelassenheit, weil die Wolfsburger ihre Kernmarke Volkswagen nicht nur in den USA bauen, sondern auch in Mexiko. Das Land bildet zusammen mit den USA und Kanada die Freihandelszone Nafta, so dass die dort gebauten Autos zollfrei in die USA eingeführt werden können. Der Anteil der aus Europa in die USA exportierten VW-Autos gilt als gering. Mercedes und BMW bauen zwar in den USA Autos, importieren aber die Motoren, die nach dem Willen von Trump auch besteuert werden sollen.

Mexiko gewinnt in der Autoindustrie an Bedeutung. Daimler will dort demnächst mit der Produktion beginnen, BMW im kommenden Jahr. Audi ist seit 2016 vor Ort. Der Standort könnte aber einen dramatischen Rückschlag erleiden, wenn Trump Erfolg bei seiner angestrebten Reform des Nafta-Abkommens hat. Bisher muss ein Auto zu 62,5 Prozent aus den Nafta-Staaten kommen, damit es innerhalb der Freihandelszone zollfrei bleibt. Die deutschen Hersteller kommen gegenwärtig auf etwa 65 Prozent. Trump will nun durchsetzen, dass ein Auto künftig zu 85 Prozent aus dem Nafta-Raum – und dabei wiederum zu 50 Prozent aus den USA – kommen muss, um zollfrei zu bleiben.