US-Militär soll nicht in der Ukraine kämpfen. Die US-Präsenz soll aber Russland von einem Angriff auf Osteuropa abschrecken – befehligt von Eucom in Stuttgart.

Stuttgart - „Wir entsenden zusätzliches Personal, um unsere Nato-Verbündeten Rückversicherung zu geben, jede Art einer möglichen Aggression gegen Nato-Mitgliedstaaten abzuschrecken und mit den Streitkräften der Empfängerstaaten zu trainieren“, hieß es aus dem US-Verteidigungsministerium zu Wochenbeginn, noch vor der russischen Invasion in der Ukraine. Dieses US-Militär „untersteht General Tod Wolters, Kommandeur des US-Europa-Kommandos.“

 

Eucom wollte sich auf Anfrage unserer Zeitung nicht zu seiner Rolle in der eskalierenden Krise äußern. Die US-Truppen, die nach Osteuropa und ins Baltikum entsandt werden, unterstehen dem für Europa zuständigen US-Regionalkommando Eucom, das seit 1967 in den Patch Barracks in Stuttgart-Vaihingen untergebracht ist. Das Eucom-Budget im Haushaltsjahr 2021: rund 250 Millionen Euro. Seit 2019 befehligt der US-Luftwaffengeneral Tod Wolters die US-Streitkräfte in Europa. Gleichzeitig fungiert er im belgischen Mons auch als Nato-Oberbefehlshaber.

Zu schwach für russische Invasoren

US-Präsident Joe Biden hat mehrfach klargemacht, dass die US-Soldaten nicht im Nicht-Nato-Mitgliedsland Ukraine kämpfen werden. Die rund 11000 US-Soldaten in Polen und Rumänien wären auch viel zu schwach, um es mit der russischen Invasionsstreitmacht von mehr als 160 000 Soldaten aufzunehmen. Es geht vielmehr um ein sichtbares Symbol amerikanischer Militärpräsenz in Osteuropa.

Insgesamt verfügen die USA nach US-Angaben derzeit über rund 90 000 US-Soldaten in Europa oder auf Schiffen in der Nähe. 35 000 davon sind allein in Deutschland stationiert. Eine größere Zahl von G.I.s befinden sich auch in Italien, Großbritannien oder Spanien.

Humanitäre Hilfe

In einer ersten Verstärkungsrunde entsandte Biden vor Wochen schon einige Tausend Fallschirmjäger der 82. Luftlandedivision aus Fort Bragg, North Carolina nach Polen. Panzer und andere schwere Waffen, die sie gegen russische Kräfte in der Ukraine bräuchten, haben sie aber nicht mitgebracht. Pentagon-Pressesprecher John Kirby, erläuterte, die Truppen könnten mit humanitärer Hilfe assistieren, sollten Flüchtlinge vor dem Blutvergießen über die polnisch-ukrainische Grenze strömen.

Außerdem entsandte das Pentagon rund 1000 Soldaten des Ersten Kavallerie-Regiments mit ihren Stryker-Schützenpanzern aus dem bayerischen Vilseck nach Rumänien. 900 US-Soldaten waren dort schon. Weniger als 100 US-Soldaten kamen nach Bulgarien.

F-35-Kampfflugzeuge und Apache-Helikopter

Am Donnerstag setzte US-Verteidigungsminister Lioyd D. Austin III zusätzlich rund 7000 Soldaten – rund eine gepanzerte Brigade – zur Verstärkung der Nato nach Deutschland in Marsch. Zu den Truppenverstärkungen, die Biden am Dienstag angekündigt hatte, zählen rund 800 Fallschirmjäger der 173. Luftlandebrigade, die aus dem italienischen Vicenza ins Baltikum verlegt werden, F-35 Kampfflugzeuge aus Deutschland, je zwei nach Estland, Litauen und Rumänien“, 20 AH-64 Apache-Kampfhubschrauber ebenfalls aus Deutschland ins Baltikum sowie zwölf weiter Apaches aus Griechenland nach Polen.

Während das US-Heer in der Krise bisher das Gros der Verstärkungen ausmacht, sind auch US-Marine und Luftwaffe an den Operationen beteiligt. So kreuzt der Flugzeugträger Harry S. Truman derzeit im östlichen Mittelmeer und nimmt an einem Nato-Manöver teil. P-8A-Poseidon-Aufklärungsflugzeuge, spezialisiert auf die U-Boot-Jagd, fliegen Missionen über dem Mittelmeer – wo sie von russischen Kampfflugzeugen abgefangen wurden. In einigen Fällen sollen sich die Flugzeuge dabei so nahe gekommen sein, dass das Pentagon dies als unsicher und unprofessionell bezeichnet hat.

Risiko von Fehleinschätzungen

Neben den neu entsandten F-35-Kampfflugzeugen aus Deutschland wurden zuletzt auch andere Kampfflugzeuge und Aufklärer im Luftraum der Region gesichtet. So unterstrichen US-Militärs jüngst die Flüge einer B-52-Langstreckenbomber-Taskforce, die am Montag in Tschechien gelandet ist.

Die Entsendung der US-Einheiten an die Ostflanke der Nato, obwohl noch weitgehend symbolisch, birgt Risiken. Denn die Kommunikation zwischen den USA und Russland, die beide über das größte Atomwaffenarsenal der Welt verfügen, ist seit der Annexion der Krim eingeschränkt. Dies erhöht nach Ansicht von Experten die Gefahr von Fehleinschätzungen auf beiden Seiten.