Die ungesetzte Sloane Stephens hat überraschend die US Open gewonnen und die Herzen der Fans im Sturm erobert. Die Amerikanerin verdankt ihren ersten Grand-Slam-Titel auch einer Fuß-OP - und einer Portion Demut.

New-York - Der neue Stern am Tennis-Himmel über New York zeigte seine Strahlkraft auch in den Stunden nach dem Überraschungscoup: Sloane Stephens scherzte mit der Weltpresse, weinte beim bewegenden Telefongespräch mit ihrem Opa - und zückte aufgeregt wie ein Teenie das Smartphone, als ihr Coach in den Stadionkatakomben geehrt wurde.

 

Auf dem Court hatte die frischgebackene US-Open-Siegerin zuvor schon die Herzen der Fans im Sturm erobert. Und das nicht nur dank ihres fast fehlerfreien (sechs Unforced Errors) und unerschrockenen Auftretens im Duell der Major-Final-Debütantinnen. Nach dem deutlichen 6:3, 6:0 im amerikanischen Finale gegen Madison Keys nahm die Weltranglisten-83. Stephens ihre geschlagene Freundin am Netz in den Arm und spendete ihr eine gefühlte Ewigkeit Trost.

„Ich wollte immer ein Grand-Slam-Turnier gewinnen, und es ist super cool. Aber ich hätte mir ein Unentschieden gewünscht, denn Maddie ist meine beste Freundin auf der Tour“, sagte Stephens. Vor der Siegerehrung setzte sie sich direkt neben die an Position 15 gesetzte Keys und brachte die 22-Jährige sogar zum Giggeln. Auf der Titelparty am Abend bekam Keys dann wie versprochen ein paar Drinks von der neuen „Queen of Queens“ spendiert, die sich durch den Triumph von Flushing Meadows auf Platz 17 der Weltrangliste verbessert.

„Es ist ein Privileg, damit Geld zu verdienen“

„Wenn ich schon ein Finale verlieren muss, dann gegen Sloane“, meinte die als Favoritin ins Endspiel gestartete Keys, zu deren Trainerteam der Allgäuer Dieter Kindlmann gehört. Stephens erfüllte sich ihren amerikanischen Traum beim Heimspiel zu einem Zeitpunkt, als sie selbst gar nicht damit rechnete. „Es ist cool, seinen Kindern irgendwann zu erzählen, dass man ein US-Open-Champion ist“, sagte die 24-Jährige: „Aber wenn mir jemand nach meiner Fuß-Operation am 23. Januar gesagt hätte, dass ich hier gewinne, hätte ich entgegnet: Das ist unmöglich.“

Drei Monate nach dem Eingriff begann Stephens, die 2013 schon mal Weltranglistenelfte war, mit dem Schlagtraining - auf einem Stuhl sitzend. Noch Anfang August belegte sie lediglich Platz 934 im WTA-Ranking. Das Traum-Comeback ist das Ergebnis eines Wandels der früher etwas arrogant wirkenden Stephens. „Die Verletzung hat mir die Augen geöffnet. Ich setzte mich auch nicht mehr so unter Druck, bin weiser“, berichtete sie.

Während der Pause kümmerte sich Stephens auch um ihre Großmutter, die einen Schlaganfall erlitten hatte. Die extrovertierte Rechtshänderin aus Florida ging auf Partys und Hochzeiten. „Alles Dinge, die ich jahrelang nicht machen konnte, weil ich auf der Tour unterwegs war“, erzählte Stephens, eine der jungen Wilden im Schatten der Williams-Schwestern. Doch sie merkte vor allem eines: „Wie sehr ich das Tennisspielen liebe und vermisse. Es ist ein Privileg, damit Geld zu verdienen.“

Apropos. Nachdem Stephens vor 23.771 Zuschauern im Arthur-Ashe-Stadium den Siegerscheck in Höhe von 3,7 Millionen Dollar in die Hand gedrückt bekam, konnte sie ihr Glück kaum fassen: „Wow, das ist eine Menge Geld“, rief sie mit ungläubiger Miene - um später noch einen draufzusetzen. Als die charismatische US-Open-Siegerin in der Pressekonferenz gefragt wurde, ob denn der Hunger auf weitere Major-Titel denn groß sei, antwortete sie: „Klar, habt ihr den Scheck gesehen, den ich bekommen habe?“ Und Stephens lächelte verschmitzt.