Politik-Experten sind sich sicher: Es ist nur noch eine Frage von Tagen, bis Hillary Clinton den Startknopf für ihre Wahlkampfmaschine drückt. Doch warum hat sie sich so lange bitten lassen?

Washington - Präsidentschaftsbewerber in den USA durchlaufen oft ein merkwürdig zähes Ritual. Erst zieren sie sich, ihre Absicht auch nur anzudeuten, ins Weiße Haus einziehen zu wollen. Sie lassen Gerüchte über ihr Vorhaben streuen, nur um sie in Interviews kokettierend zu dementieren. Schließlich kündigen sie an, vorsichtig über eine Kandidatur nachzudenken. Erst Monate später werfen sie tatsächlich ihren Hut in den Ring. Dieses Spielchen kann Jahre dauern.

 

Eine solch langatmige Choreographie verfolgt auch Hillary Clinton, ehemals Außenministerin und US-Senatorin. Erst in diesen Tagen - nach gut zweijährigem Vorgeplänkel - wird die Gattin von Ex-Präsident Bill Clinton ganz offiziell ankündigen, Nachfolgerin von Barack Obama werden zu wollen. Sie überrascht damit niemanden, eröffnet aber auch für die Demokratische Partei formal den Präsidentschaftswahlkampf 2016. Für Clinton ist es der zweite seit der traumatischen Vorwahlniederlage gegen eben jenem jungen Obama vor sieben Jahren.

Das richtige Timing ist wichtig

Das vorsichtige Rantasten an die Kandidatur hat natürlich gute Gründe. Eine Wahlkampagne fürs Weiße Haus verschlingt viele, viele Millionen. Das richtige Timing ist alles, um möglichst früh Geld von Spendern zu sichern, aber es möglichst spät für Personal, Büros und Werbung ausgeben zu müssen. Auch sollen Kontrahenten so lange es geht über die eigenen Ambitionen im Unklaren gelassen werden - doch dürfen die Medien derweil nicht das Interesse an einem verlieren. Nicht zu vergessen die rechtlichen Gründe: Der Wahlkampf ist scharf reguliert.

Hillary Clinton hat es geschafft, ganz oben auf der Favoritenliste ihrer Partei zu bleiben. Bis 2013 konnte sie als Chefdiplomatin ihre politischen Fähigkeiten beweisen, dann hielt sie sich mit beachteten Reden und einer erfolgreichen Autobiografie in der Öffentlichkeit. Nebenbei legte das formell unabhängige Aktionskomitee „Ready for Hillary“ ein Fundament für den Wahlkampf. Es sammelte Unterstützer und Geld. Sobald Clinton ihre Kandidatur erklärt, löst es sich auf, und sie übernimmt Mitarbeiter und wertvolle Wählerdatenbanken.

Doch der Dauerruhm bringt der 67-Jährigen auch Probleme. Jüngstes Beispiel sind Berichte über ihr Privatleben mit Ehemann Bill während seiner Zeit im Weißen Haus. Sie sei wegen seiner Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky so wütend gewesen, dass sie ihm mit einem Buch geschlagen habe, bis er am Kopf blutete. Das und andere angebliche saftige Details aus ihrem Leben enthüllt die Journalistin Kate Anderson Brower in einem neuen Buch über das Weiße Haus.

Jedes kleinste Detail zählt

Eigentlich wären solche Berichte nur eine Fußnote in der Geschichte. Aber bei Präsidentschaftskandidaten wird jedes kleine Detail - egal, wie privat es ist - zum riesigen Politikum, zum Diskussionsfutter für zahllose „Experten“-Runden der US-Nachrichtensender, Internetforen und Kontrahenten. So erging es Clinton auch jüngst mit dem „Skandal“, dass sie ihre Geschäfte als Außenministerin über ein privates E-Mail-Konto abwickelte. Ihre Vorgänger machten es zwar oft genauso, aber bei Bewerbern fürs Weiße Haus werden eben strengste Maßstäbe angesetzt - vor allem von der Opposition.

Ein große Gefahr ist jedoch, dass das Volk sich schon von Clinton gelangweilt fühlt, noch bevor der eigentliche Wahlkampf beginnt. Vor allem junge Wähler äußern öfter das Gefühl, lieber ein frisches Gesicht im Weißen Haus sehen zu wollen. Doch ihrer Popularität vor allem in der eigenen Partei tut das keinen Abbruch. Nach jüngsten Umfragen würde sie bei der Wahl im November 2016 besser abschneiden, als jeder derzeit denkbare republikanische Kandidat, wie das Portal „Real Clear Politics“ ermittelte.