Zwei US-Psychologinnen lassen 50 Probanden wildfremden Personen ein Kompliment machen. Das Ergebnis der Studie lässt aufhorchen.

Stuttgart - Für Goethe waren sie bloß „gedrechselte“ Worthülsen, und Kant betrachtete sie sogar als „wider die Würde der Menschheit“. Komplimente haben kein gutes Image – und das nicht nur unter deutschen Dichtern und Philosophen. Doch eine aktuelle Studie aus den Vereinigten Staaten zeigt: Komplimente kommen selbst bei fremden Menschen viel besser an, als wir glauben.

 

Der Grund des Problems: Mit Komplimenten ist es so eine Sache. Wir hören sie gerne, doch in der eigenen Anwendung halten wir uns mit ihnen eher zurück. Denn wir wollen uns ja nicht anbiedern. Es ist auch nicht gerade ehrlich, wenn man dem lauten Aufschneider ein starkes Selbstbewusstsein und der dauernörgelnden Kollegin ein messerscharfes Urteilsvermögen bescheinigt.

Wir sollten beim Loben weniger ängstlich sein

Ganz zu schweigen davon, dass man ja gerade bei fremden Menschen nie sicher sein kann, wie ein Kompliment ankommt. Empfinden sie es möglicherweise sogar als Belästigung? Doch da sollten wir wohl weniger ängstlich sein, meint die Psychologie.

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Die US-Psychologinnen Erica Boothby und Vanessa Bohns schickten 50 männliche und weibliche Probanden durch den Campus der Universität von Pennsylvania, damit sie dort wildfremden Menschen – sie mussten das gleiche Geschlecht haben wie der jeweilige Proband – ein Kompliment machen sollten. Wie etwa: „Ihre Schuhe gefallen mir“. Oder auch: „Tolle Frisur.“

Komplimente kommen viel besser an als gedacht

Also nichts besonders Originelles, aber auch nichts Unverschämtes. Weil es Geschlechtsgenossen waren, war das Risiko klein, dass das Kompliment als Anmache missverstanden wird. Vorher hatte man die Studienteilnehmer nach ihrer Einschätzung gefragt, wie sie sich bei der Aktion fühlen würden und wie sie bei ihrem Adressaten ankommen würde. Die angesprochene Person wurde wiederum später gefragt, wie gut oder schlecht es ihr danach ging.

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Es zeigte sich, dass Komplimente offenbar bei fremden Menschen viel besser ankommen, als es ihr Absender erwartet. „Bei dem herrscht in der Regel eine große Skepsis“, erläutern die beiden Psychologinnen. „Er ist besorgt darüber, dass ihm die Kompetenz fehlt und man ihm seine Komplimente nicht abnimmt oder sogar falsch versteht.“

Auch wer das Kompliment macht, fühlt sich besser

Dabei werden sie, so eine weiteres Ergebnis der Studie, durchweg positiv aufgenommen. Keiner von denen, die das Kompliment eines ihnen fremden Menschen bekommen hatten, fühlte sich davon genervt oder schlechter als zuvor. Einer sagte sogar: „Danke dafür, dass Sie meinen Tag menschlicher gemacht haben.“

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Hinzu kommt, dass vom Kompliment nicht nur derjenige profitiert, der es bekommen hat. „Wir haben auch die Komplimentgeber befragt, wie sie sich danach gefühlt haben“, berichten Boothby und Bohns. „Sie fühlten sich ebenfalls deutlich besser.“ Was noch einmal bekräftige, so die Forscherinnen, wie wichtig prosoziales Verhalten für unser Wohlbefinden ist. Man mag es ja manchmal gar nicht glauben – aber wir Menschen fühlen uns eben doch am besten, wenn wir nett zueinander sind.