Scott Pruitt, der Chef der US-Umweltbehörde EPA, ist ein Mann mit hohen Ansprüchen – jedenfalls im Hinblick auf den Komfort bei Dienstreisen und seine Büroeinrichtung. Beamte, die ihn kritisieren, müssen mit drastischen Folgen rechnen.

Washington - Es ist nicht einfach, einen Tisch im „Diplomate“ auf Washingtons Ausgehmeile 14th Street zu ergattern. Meist ist die Brasserie, wo Kellner mit französischem Akzent vor ohrenbetäubender Geräuschkulisse Bouillabaisse oder Steak Frites von wechselnder Qualität servieren, für Wochen im Voraus ausgebucht. Insofern wundert es nicht, dass Scott Pruitt nervös wurde, als sein Dienstwagen auf dem Weg zum Lieblingslokal in einen Stau geriet. Doch der Chef der US-Umweltbehörde EPA wusste sich auf unkonventionelle Art zu helfen: Kurzerhand ließ er Blaulicht und Sirene einschalten. Ein Sicherheitsbeamter, der dagegen protestierte, wurde kurz darauf strafversetzt.

 

Eigentlich hat man sich in Washington schon an die Affären von Pruitt gewöhnt. Seit Wochen kommen täglich neue aberwitzige Details über protzige Büroumbauten, teure Erste-Klasse-Flüge auf Staatskosten und dubiose private Mauscheleien ans Tageslicht. Wenn man in dem schillernden Kabinett von Donald Trump einen besonders krassen Kandidaten für Verschwendungssucht und Korruption sucht, kommt man an dem 49-jährigen Klimaleugner nicht vorbei. Ein aufwendig recherchierter Bericht in der „New York Times“ sorgt nun trotzdem für gewaltigen Wirbel. Die Zeitung zeichnet nach, wie führende Beamte des Umweltressorts seit Monaten vergeblich versuchen, ihren Chef von seinem absolutistischen Gehabe abzuhalten: Pruitt soll fünf von ihnen gefeuert, strafversetzt oder zur Kündigung gedrängt haben. In normalen Zeiten wäre bei derart gravierenden Enthüllungen eine Entlassung überfällig.

„Er ist ein guter Mann“, sagt Präsident Trump über Pruitt

Doch Donald Trump hält bisher an seinem Weggefährten fest. Vor kurzem hatte der Präsident sogar noch erwogen, Pruitt zum neuen Justizminister zu machen. „Ich muss mir das anschauen“, wiegelte er nun ab: „Aber er ist ein guter Mann. Er macht einen großartigen Job.“ Nach einem Besuch in West-Virginia zeigte sich Trump besonders beeindruckt: „In der Kohleregion lieben sie Scott Pruitt.“ Kein Wunder: der Ex-Staatsanwalt ist die aggressivste Kraft bei der Aufhebung von Klimaschutzbestimmungen. Gerade erst hat er die Rücknahme der von Ex-Präsident Barack Obama eingeführten Benzinverbrauchsregeln für Autos angekündigt.

Von Regeln hält Pruitt ohnehin nicht viel. Gegen den Rat seiner Beamten fliegt er grundsätzlich in der ersten Klasse – angeblich aus Sicherheitsgründen. Rund 168 000 Dollar hat das die amerikanischen Steuerzahler im ersten Jahr gekostet. Doch das war Pruitt nicht bequem genug. Wie die „New York Times“ berichtet, wollte er für 100 000 Dollar Monatsbeitrag den Anspruch auf unbegrenzte Charterflüge einer Gesellschaft erwerben. Das verhinderte ein Mitarbeiter. Auch er wurde strafversetzt. Zwei Günstlingen billigte der Minister hingegen freihändig Gehaltserhöhungen von bis zu 50 Prozent zu.

Ein privater Wohnungsdeal macht den Ethik-Beauftragten Sorgen

Sein Büro ließ Pruitt, der offenbar an einer ausgeprägten Paranoia leidet, zunächst für 3000 Dollar auf Wanzen absuchen und dann für 5800 Dollar mit biometrischen Türschlössern sichern, die auf Fingerabdrücke reagieren. Für 43 000 Dollar ließ er sich eine abhörsichere Telefonzelle einbauen. Die Anforderung von zwei schusssicheren Schreibtischen für 70 000 Dollar wurde von einem daraufhin gefeuerten Beamten verweigert. Stattdessen wurden ein Stehpult aus Ahornholz und ein überdimensionierter Schreibtisch mit hölzernen Ornamenten angeschafft, der dem im Oval Office gleichkommen soll. Präsident Trump hatte im Wahlkampf lautstark angekündigt, er werde „den Washingtoner Sumpf“ austrocknen. Ein privater Wohnungsdeal von Pruitt führt dieses Versprechen ad absurdum und bereitet inzwischen den Ethik-Beauftragten der Umweltbehörde ernste Kopfschmerzen: 2017 mietete der oberste Umweltschützer eine Ein-Zimmer-Wohnung in einem Townhouse, das der Frau eines Energielobbyisten gehört. Statt der üblichen Monatsmiete zahlte er nur bei Anwesenheit täglich 50 Dollar.

Das mag für deutsche Verhältnisse harmlos klingen. Der Marktpreis in dem einen Block vom Kapitol entfernten Gebäude hätte nach Maklerangaben aber 3500 Dollar pro Monat betragen. Dass der Politiker mit der Mietzahlung auch noch im Rückstand war und zudem 2460 Dollar für eine Glastür in Rechnung stellte, die seine Sicherheitsbeamten eintreten mussten, weil er sich am helllichten Tag schlafen gelegt hatte und nicht reagierte, mögen skurrile Randaspekte sein. Skandalös ist hingegen, dass Pruitt im März 2017 eine umstrittene Öl-Pipeline in Minnesota genehmigte. Die Lobbyarbeit dafür hatte der Mann seiner Vermieterin betrieben.