Der Branchenverband sieht den Erhalt des Zahlungsverkehrs als Achillesferse in den Beziehungen mit dem Land. Wirtschaftsminister Altmaier hält den Schutz der Unternehmen für unmöglich. Die Firmen hingegen fordern von Berlin mehr Rückendeckung.

Stuttgart/Berlin - Mit Sorgen beobachtet Nicole Hoffmeister-Kraut die Entwicklung im Iran, nachdem die USA aus dem Atomabkommen ausgestiegen sind. „Die Geschäfte mit Iran werden aufgrund der aktuellen Entscheidungen mit Sicherheit schwieriger werden“, sagt die baden-württembergische Wirtschaftsministerin. „Unsere exportorientierten Unternehmen benötigen weltweit stabile Rahmenbedingungen, dies gilt auch mit Blick auf Iran“, fügt sie hinzu. Und: Sie setze ihre Hoffnungen in die laufenden Gespräche zwischen den USA und der Bundesregierung sowie der EU-Kommission. Baden-Württemberg selbst habe keinen Handlungsspielraum und könne Unternehmen nur beratend zur Seite stehen, sagt sie.

 

Daimler und Bosch halten sich bedeckt

Die Maschinenbauer würden gerne am Nuklearabkommen festhalten. „Solange die EU ihre Sanktionen gegen den Iran nicht wieder aktiviert, ist legales Iran-Geschäft für die deutsche Wirtschaft weiterhin möglich“, sagt Dietrich Birk, Geschäftsführer des Maschinenbauverbands VDMA in Stuttgart. „Wir sehen für den baden-württembergischen Maschinenbau weiterhin gute Chancen im Iran-Geschäft“, fügt er hinzu. Er bezeichnet dies als die beste Lösung für alle Seiten. Letztendlich müsse aber die Staatsführung in Teheran entscheiden, ob das Abkommen auch ohne die USA fortgesetzt werde. Unternehmen im Südwesten reagieren allerdings deutlich zurückhaltender. Daimler will die weitere Entwicklung nach der Erklärung von US-Präsident Trump genau beobachten und „mögliche Auswirkungen auf unser Geschäft prüfen“, sagt eine Sprecherin. Auch Bosch hielt sich bedeckt: „Es ist momentan noch zu früh, sich zu möglichen Auswirkungen zu äußern, da noch viele Fragen offen sind.“

Wirtschaftsdelegationen gaben sich quasi die Klinke in die Hand

Dabei war die Euphorie 2015 bei der Unterzeichnung des Atomvertrags riesig. Unternehmen aus aller Welt hofften auf gute Geschäfte, wenn das vom jahrelangen Embargo gebeutelte Land der Mullahs in die Staatengemeinschaft zurückkehren würde. Von Politikern angeführte Wirtschaftsdelegationen – darunter der damalige baden-württembergische Wirtschaftsminister Nils Schmid – gaben sich quasi die Klinke in die Hand. Doch der erwartete Aufschwung ist ausgeblieben. Die Handelsbeziehungen zwischen Baden-Württemberg und dem Iran steigen zwar, bewegen sich aber auf niedrigem Niveau. Waren im Wert von 336 Millionen Euro haben Unternehmen aus dem Südwesten 2017 in den Iran exportiert. Der Maschinenbau hat einen großen Anteil daran – Maschinen und Anlagen für 138 Millionen Euro hat die hiesige Vorzeigebranche in das Land exportiert – 20 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Insgesamt beliefen sich die deutschen Exporte in den Iran 2017 auf rund drei Milliarden Euro.

Deutsche Banken mieden Geschäfte mit dem Iran

Dass sich die Zahlen nicht günstiger entwickelt haben, hat nicht zuletzt mit der Zurückhaltung der Banken zu tun. „Schon in den vergangenen drei Jahren hat der Iran an den internationalen Finanzmärkten keine Kredite bekommen. Das Land musste Einkäufe im Ausland aus eigenen Mitteln bezahlen“, sagt der VDMA-Außenhandelsexperte Klaus Friedrich. Der Zahlungsverkehr sei die Achillesferse für Geschäfte mit dem Iran. Die USA hatten die Sanktionen im Finanzbereich nicht aufgehoben. Deshalb mieden deutsche Banken Geschäfte mit dem Iran. Es gab aber durchaus einige Banken, die den Zahlungsverkehr abwickelten. „Falls die ohnehin wenigen europäischen Banken aus dem Zahlungsverkehr mit dem Iran wieder aussteigen, könnte es den USA gelingen, das Nuklearabkommen und damit die Außenpolitik der EU zu torpedieren“, sagt der Experte des Maschinenbauverbands. Das Wichtigste sei jetzt, dass die Zahlungswege offen blieben. „Dafür kann die deutsche Politik sorgen“, so Friedrich. Die Wirtschaftsverbände wünschen sich von der Bundesregierung Rückendeckung. „Es ist unfair, die deutschen Unternehmen zuerst auf die Reise zu schicken und sie dann im Regen stehen zu lassen“, sagt Volker Treier, Außenhandelschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK). Die Bundesregierung hatte die Unternehmen in den vergangenen drei Jahren ermutigt, im Iran zu investieren. Die Bundesregierung hat aber noch nicht entschieden, wie sie auf Trumps Ankündigungen reagiert. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) machte im Deutschlandfunk klar, dass die Möglichkeiten der Politik beschränkt seien. „Wir haben juristisch keine Möglichkeit, deutsche Unternehmen gegen Entscheidungen der amerikanischen Regierung zu schützen“, sagt Altmaier. In Kreisen der Wirtschaftsverbände wurde diese Äußerung mit Verwunderung aufgenommen. Zuvor gab es Signale aus Paris und Berlin, dass Europa den Unternehmen helfen werde.

Angst vor einem Handelskrieg gewachsen

Die Angst vor einem Handelskrieg ist in der deutschen Wirtschaft gewachsen. „Wir sind am Scheideweg, wie es mit der internationalen Handelspolitik weitergeht“, sagt DIHK-Außenhandelschef Treier. Es sei völlig offen, ob sich die USA noch an multinationale Handelsregeln halten. Allein gegen China habe Washington Strafzölle von 50 Milliarden Euro angekündigt. Wenn es dazu komme, sei der Handelskrieg eröffnet. Der Unmut ist groß, weil deutsche Unternehmen von den Russland-Sanktionen der USA stark betroffen sind, die Trump jüngst verkündete. „Es besteht die große Gefahr, dass europäische Kreditinstitute kein Russland-Geschäft mehr finanzieren“, meint Treier. Die Sanktionen gegen Russland träfen deutsche Unternehmen schneller und stärker als die Maßnahmen gegen den Iran, sagt Treier.