US-Senator John McCain hat Merkels Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine in einem Interview für „Berlin direkt“ mit der Appeasement-Politik gegenüber Nazi-Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg verglichen.

Berlin - Kurz vor dem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin hat der US-Senator John McCain die Kanzlerin scharf angegriffen. Der Vorsitzende des Streitkräfteausschusses im US-Senat verglich Merkels Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine in einem Interview für die ZDF-Sendung „Berlin direkt“ mit der Appeasement-Politik gegenüber Nazi-Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg.

 

Wörtlich sagte der US-Senator laut einer Vorabmeldung vom Freitag: „Ihr Verhalten erinnert mich an die Politik der 30er Jahre.“ Das Verhalten Europas im Ukraine-Konflikt sei für ihn eine riesige Enttäuschung, „aber ich habe nichts anders erwartet“, sagte McCain in dem Interview, das am Sonntagabend ausgestrahlt werden soll.

„Wenn man sich die Haltung der deutschen Regierung anschaut, könnte man meinen, sie hat keine Ahnung oder es ist ihr egal, dass Menschen in der Ukraine abgeschlachtet werden“, sagte er. McCain zählt in den USA zu den Befürwortern von Waffenlieferungen an die Ukraine.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wies McCains Kritik an der Kanzlerin scharf zurück. „Das Gegenteil ist richtig“, erwiderte die Ministerin gegenüber der „Bild“ vom Samstag. „Gerade weil die Menschen in der Ukraine so leiden, setzt sich Angela Merkel so unermüdlich für Frieden ein. Mehr Waffen würden in der Ostukraine nur mehr Leid stiften.“

Vorwurf der Untätigkeit

Auch der Vorsitzende des Außenausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), widersprach McCain. Waffenlieferung vergrößerten „die Gefahr einer Beschleunigung und Eskalation des Krieges“, sagte er der „Bild“. Zum Tonfall von McCains Kritik sagte er, Meinungsverschiedenheiten müssten „ohne persönliche Verletzungen“ ausgetragen werden.

McCain hatte Merkel in dem Interview empört Untätigkeit vorgeworfen: „Will sie einfach nur zuschauen, wie ein Land in Europa zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg zerstückelt wird?“ Er wolle „die Kanzlerin fragen, wie viele Menschen müssen noch in der Ukraine sterben, bevor wir ihnen helfen, sich zu verteidigen?“, sagte der einflussreiche republikanische Senator. „Weiß sie denn gar nicht, wo die Waffen für die Separatisten und die Truppen herkommen?“

Angesichts der eskalierenden Gewalt in der Ostukraine wird in den USA erneut über Waffenlieferungen an die ukrainische Armee diskutiert. McCain ist einer der prominentesten Befürworter. US-Außenminister John Kerry sagte am Donnerstag bei einem Besuch in Kiew, Präsident Barack Obama werde „bald“ darüber entscheiden. Bislang lehnte Obama Waffenlieferungen an die Ukraine ab.