US-Strafzölle EU will bis zur letzten Sekunde um Ausnahme kämpfen

Das Bangen geht weiter. Auch nach dem Treffen von Kanzlerin Merkel mit US-Präsident Trump ist unklar, ob die neuen US-Zölle auf Stahl und Aluminium von Dienstag an auch europäische Unternehmen treffen. In Brüssel will man bis zur letzten Sekunde kämpfen.
Brüssel/ Washington - Im Handelsstreit zwischen der EU und den USA bemüht sich die EU-Kommission weiter darum, die am 1. Mai drohende Eskalation doch noch abzuwenden. Es gebe noch immer Kontakte zwischen beiden Seiten, sagte ein Behördensprecher am Samstag der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Man müsse nun abwarten, was passiere.
In dem Streit geht es um Einfuhrzölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte, die die USA im März mit dem Verweis auf Sicherheitsinteressen erlassen hatte. EU-Unternehmen waren davon nach Druck aus Brüssel in letzter Minute ausgenommen worden. Die Befreiung wurde allerdings befristet und läuft zum 1. Mai aus.
Im Gegenzug für eine unbefristete Ausnahmeregelung verlangt Washington nach Angaben aus EU-Kreisen Handelserleichterungen für US-Unternehmen. Die EU will sich allerdings nicht erpressen lassen und schließt Zugeständnisse aus. Sie hält die neuen US-Zölle zudem für nicht vereinbar mit dem Regelwerk der Welthandelsorganisation (WTO) und hat bereits Pläne für Vergeltungszölle vorbereitet. Sie könnten US-Produkte wie Whiskey, Motorräder und Jeans treffen.
In den vergangenen Tagen hatten auch Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit US-Präsident Donald Trump über den Handelsstreit gesprochen. Ein Durchbruch war zunächst aber nicht ersichtlich. „Der Präsident wird entscheiden“, sagte Merkel am Freitag nach ihrem Treffen mit Trump.
Deutsche Außenhandel sieht kleine Chance
Trump erklärte seinerseits, die USA bräuchten eine faire und wechselseitige Handelsbeziehung mit ihren Partnern und Verbündeten. „Wir haben ein Handelsdefizit mit der Europäischen Union bei Waren im Wert von - schwer zu glauben - 151 Milliarden Dollar“, sagte Trump. Darunter seien 50 Milliarden für Autos und Autoteile.
Der Deutsche Außenhandel sieht nach den jüngsten Gesprächen noch eine kleine Chance, dass Trump die EU noch einmal verschont. „Das war sicher kein Durchbruch. Aber die Tür für eine Lösung im Streit um die US-Strafzölle bleibt einen Spalt weit offen“, sagte der Präsident des Branchenverbandes BGA, Holger Bingmann, der Deutschen Presse-Agentur. Er fügte hinzu, es sei „wichtig und richtig“ gewesen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Washington gereist sei und das Gespräch gesucht habe.
BDI-Chef Dieter Kempf forderte, es müssten weiterhin „Voraussetzungen für gemeinsame Freihandelsverhandlungen zwischen der EU und den USA“ geprüft werden. „Marktöffnung muss jedoch auf Gegenseitigkeit beruhen. Ein reines Zollabkommen ist für die deutsche Industrie zu kurz gegriffen“, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) einer Mitteilung vom Samstag zufolge.
Geschlossenheit der Europäer im Handelsstreit
Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber (CSU), mahnte Geschlossenheit der Europäer im Handelsstreit an. Die USA müssten wissen, dass es Gegenmaßnahmen geben werde, wenn sie Strafzölle verhängen sollten, sagte Weber am Samstag im Deutschlandfunk. Ähnlich äußerte sich der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer. Gegenmaßnahmen dürften nicht eskalierend wirken, aber klarmachen, dass die USA mit der EU nicht umspringen könnten, wie sie wollten, sagte Bütikofer im Deutschlandfunk.
Die Handelspolitik von Trump war auch das beherrschende Thema beim Gipfel der Gemeinschaft Südostasiatischer Staaten (Asean) in Singapur am Samstag. „Die politische Stimmung in vielen Ländern hat sich gegen den Freihandel gewendet. Besondern die jüngsten Spannungen in den Handelsbeziehungen zwischen den USA und China sind beunruhigend“, sagte Singapurs Premierminister Lee Hsien Loong zur Eröffnung des 32. Asean-Gipfel in dem südostasiatischen Stadtstaat. Dementsprechend sei das offene, multilaterale Handelssystem, das zum Wachstum der Asean-Staaten beigetragen habe, unter Druck. Der Gemeinschaft gehören zehn Staaten an, darunter die Gründerstaaten Thailand, Indonesien, Malaysia, die Philippinen und Singapur.
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