Herzliche Glückwünsche sehen anders aus: Nach dem überraschenden Wahlsieg von Donald Trump geben ihm die Gratulanten gleich ihre Forderungen mit auf den Weg ins Weiße Haus. Der höchst umstrittene Nachfolger Obamas muss sich auf schwierige Partnersuche einrichten.

Washington - Direkt nach seiner überraschenden Wahl zum US-Präsidenten wird Donald Trump von anderen Staatenlenkern in die Pflicht genommen. Aus Berlin und anderen Hauptstädten wurden ungewöhnlich konkrete Erwartungen und Bedingungen an den Populisten gerichtet. Der hatte mit vollmundigen Wahlkampfversprechen bei seinen Landsleuten gepunktet und ausländische Spitzenpolitiker verprellt. Der scheidende Präsident Barack Obama lud seinen designierten Nachfolger Trump zu einem Treffen am Donnerstag ins Weiße Haus, um ihn über die eigenen Pläne für den Übergang zu informieren.

 

Nach seinem Triumph über Hillary Clinton regiert der Republikaner von Januar an die größte Wirtschafts- und Militärmacht der Welt. Dank des Doppelsiegs seiner Republikaner in beiden Kongresskammern kann Trump politische Vorhaben zudem womöglich ohne große Gegenwehr durchsetzen.

Nach einem der schmutzigsten und polarisierendsten Wahlkämpfe der US-Geschichte sagte Trump in seiner Dankesrede am Mittwochmorgen (MEZ) vor Anhängern in New York, er wolle das - tief gespaltene - Land nun einen. Den Menschen anderer Länder biete er die Partnerschaft der USA an, nicht ihre Feindschaft. „Wir werden großartige Beziehungen pflegen“, versprach der 70-Jährige in seinem typischen Duktus. Amerika gehe aber vor.

Im Rest der Welt war dieses - von den wenigsten Meinungsforschern erwartete - Szenario mit großer Sorge gesehen worden. Die Gratulationen an Trump fielen denn auch verhalten aus. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erinnerte den künftigen Präsidenten nicht nur an seine persönliche Verantwortung für weltweite Wirtschaftsentwicklung und Anti-Terror-Kampf. Sie formulierte auch Bedingungen für eine enge Zusammenarbeit - nämlich Werte wie Demokratie, Freiheit sowie Respekt vor Recht und Würde aller Menschen. Den Termin für ein erstes Treffen mit Trump ließ die Bundesregierung offen.

Glückwunschschreiben an Trump

Die Präsidenten des EU-Rats und der EU-Kommission luden Trump in einem Glückwunschschreiben zu einem baldigen Gipfeltreffen in Europa ein, um „die transatlantischen Beziehungen zu stärken“ - wie sie mit Blick auf den Klimawandel, Anti-Terror-Kampf sowie die Flüchtlings- und Ukraine-Krise mitteilten. Bundesaußenminister Steinmeier schlug ein Sondertreffen der EU-Außenminister am Sonntag in Brüssel vor. Sein österreichischer Kollege Sebastian Kurz sagte der dpa, wichtig sei, dass die EU künftig in besonderem Maß eine eigenständige europäische Politik ohne Vorabsprachen mit Washington formuliere.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg rief Trump gleich auf, das Engagement der Vereinigten Staaten im Bündnis nicht zu reduzieren. Auch die Türkei, Südkorea und der Irak als militärische Verbündete richteten prompt Forderungen an den künftigen Staatschef der Supermacht Amerika. Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif wiederum betonte, dass Trump als Präsident das historische Atomabkommen von 2015 zu respektieren und umzusetzen habe.

Sieg als Sargnagel

Im Wahlkampf hatte Trump angekündigt, den Verbündeten mehr abzuverlangen und sie für militärischen Schutz stärker zur Kasse zu bitten. Fraglich auch, ob der im Wahlkampf vom Kreml und russischen Medien hofierte Republikaner die Abschreckungspolitik der Nato gegenüber Moskau unterstützt. Russlands Präsident Wladimir Putin gratulierte ihm als einer der ersten Staatschefs und äußerte die Hoffnung auf bessere Beziehungen zwischen beiden Atommächten.

Befürchtet wird, dass Trump nun hart erarbeitete Vereinbarungen wie das Atomabkommen mit dem Iran, den Pariser Klimavertrag und bestehende Freihandelsvereinbarungen aufkündigt. Für den umstrittenen Handelspakt TTIP könnte sein Sieg der Sargnagel sein.

Während die meisten europäischen Politiker schwierigere Beziehungen zu den Vereinigten Staaten erwarten, begrüßten Rechtspopulisten wie die Französin Marine Le Pen und der rechtskonservative ungarische Ministerpräsident Viktor Orban den Sieg Trumps. Die AfD nahm ihn gar mit großer Begeisterung auf.

Was wird aus Hillary Clinton?

Die politische Karriere von Hillary Clinton hingegen dürfte nun beendet sein. Die Demokratin äußerte sich öffentlich zunächst nicht zu ihrer Niederlage, räumte sie nach CNN-Angaben aber in einem Telefonat mit Trump ein. Obama gratulierte ihr telefonisch „für den starken Wahlkampf“ und Trump zum Sieg, wie das Weiße Haus mitteilte.

Die Wahlnacht in den USA war zur extremen Zitterpartie geraten. Letztlich konnte Trump die meisten umkämpften Wechselwählerstaaten wie Florida und Ohio für sich entscheiden. Vor allem im industriell geprägten Nordosten des Landes, dem einst florierenden und inzwischen vom wirtschaftlichen Abschwung gebeutelten „Rostgürtel“, konnte Clinton nicht wie erwartet punkten. Nach vorläufigen CNN-Angaben (Stand 15.00 Uhr MEZ) brachte Trump so mindestens 289 Wahlleute hinter sich, die über den nächsten Präsidenten entscheiden. Clinton kam demnach nur auf 218, nötig sind 270.

Trump wird bei seinem Amtsantritt am 20. Januar der älteste neu vereidigte US-Präsident sein - und der erste seit Dwight D. Eisenhower ohne politische Amtserfahrung. Beim Regieren kann er sich auf die republikanische Mehrheit in Senat und Abgeordnetenhaus stützen. Die Konservativen verteidigten ihre Dominanz in beiden Kongresskammern. Dem Präsidenten Trump eröffnet dies weitreichende Möglichkeiten - nicht nur in der Gesetzgebung, sondern beispielsweise auch bei der folgenreichen Neubesetzung des Supreme Courts.

Populistische Parolen im Wahlkampf

In seiner Dankesrede bekräftigte der Immobilienmogul bekannte Wahlversprechen wie die Verdopplung des Wirtschaftswachstums. Außerdem werde er ins Ausland abgewanderte Arbeitsplätze in die USA zurückholen und die Infrastruktur des Landes aufbauen. Er habe einen „großartigen“ ökonomischen Plan für Amerika, sagte der Milliardär.

Trump hatte mit populistischen Parolen Wahlkampf gemacht. Er wetterte gegen Einwanderer und Muslime, kritisierte ungestrafte Abtreibung und lehnte die Einschränkung des Rechts auf Waffenbesitz ab. Seine Stimmungsmache verfing offensichtlich stärker, als es Meinungsforscher vorausgesehen hatten. Die Märkte reagierten auf Trumps Wahlsieg mit starken Kursschwankungen.

Noch nie in der Geschichte der US-Wahlen waren zwei Kandidaten so unbeliebt: Trump wegen seiner Art und seiner Ausfälle, Clinton wegen ihrer Skandale und ihrer Nähe zum bestehenden System. Fakten und Inhalte spielten im Kampf um das Weiße Haus kaum eine Rolle. Merkels Kommentar dazu: „Der Wahlkampf in diesem Jahr war ein besonderer, mit zum Teil schwer erträglicher Konfrontation.“