Wie ist Donald Trumps vorzeitige Verkündung seines vermeintlichen Wahlsiegs zu bewerten? Der Tübinger Kommunikationswissenschaftler Bernhard Pörksen hat sein Verhalten analysiert und stellt ihm eine bedenkliche Diagnose aus.

Düsseldorf/Tübingen - Der Kommunikationswissenschaftler Bernhard Pörksen bezeichnet die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, die Stimmauszählung gerichtlich stoppen zu wollen, als „Propagandamethode des Präsidenten in Reinkultur“. „Es geht darum, durch das schlichte Meinen und das Behaupten Wunschwirklichkeiten und letztlich Fakten zu schaffen, sich noch vor der Auszählung als Sieger zu inthronisieren“, sagte der Professor der Universität Tübingen der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Online). „Hier offenbart sich die Mentalität eines Diktators, nicht die eines demokratischen Politikers.“

 

Videoanalyse unseres Politik-Redakteurs Christian Gottschalk:

Trumps Äußerungen wertete Pörksen als Zeichen für die Erosion der Demokratie in den USA. „Denn hier wird in den Deutungskämpfen unter Echtzeitbedingungen, die selbst zur ungesunden Überhitzung des Kommunikationsklimas beitragen, die Legitimität einer demokratischen Wahl selbst attackiert“, betonte er. Und dies mache der Amtsinhaber, „der die Spaltung und nicht die Einigung der Gesellschaft als politisches Geschäftsmodell entdeckt hat“. Trumps Ankündigungen seien ein Beleg für dessen unbedingten Willen zur Macht.

Künftige Aufgabe des US-Präsidenten: entpolarisieren

Ein knappes Wahlergebnis bedeute empirisch betrachtet, „dass das Regieren für den künftigen Präsidenten, die Kompromiss-Suche und das Herstellen von Konsens unendlich viel schwieriger wird“, erklärte der Kommunikationswissenschaftler. „Und es bedeutet, normativ gesehen, dass es eigentlich die Aufgabe des künftigen Präsidenten wäre, zu entpolarisieren und das Verbindende und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.“