Atempause für die Stahlexporteure in Deutschland und der EU: Die USA nehmen ihre Verbündeten und einige weitere Staaten erst einmal von erhöhten Zöllen auf Stahl und Aluminium aus. Die Verhandlungen gehen aber weiter. Und nun trifft es China hart.

Washington - Die USA haben nur wenige Stunden vor Inkrafttreten der Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte ihre Partner in Europa und andere Verbündete von den Sanktionen ausgenommen. Zugleich unterzeichnete US-Präsident Donald Trump am Donnerstag ein Dekret, das vorsieht, den Rivalen China mit milliardenschweren Strafzöllen zu belegen. Die deutsche Wirtschaft begrüßte die Entscheidung für die EU, sieht aber noch viele Fragen offen.

 

Trumps Handelsbeauftragter Robert Lighthizer sagte vor einem Senatsausschuss mit Blick auf Europa und andere befreundete Staaten: „Wozu er sich entschieden hat, ist, die Einführung der Zölle in Bezug auf diese Länder auszusetzen.“ Außer die 28 EU-Staaten betrifft dies auch Südkorea, Argentinien, Australien und Brasilien. Die US-Nachbarn Mexiko und Kanada hatte Trump ohnehin für die Zeit der Nachverhandlungen zum Freihandelsabkommen Nafta ausgenommen.

Trump hatte vor zwei Wochen umfassende Einfuhrzölle auf Stahl in Höhe von 25 Prozent und auf Aluminium in Höhe von 10 Prozent angekündigt.

Trump: Diebstahl geistigen Eigentums

Mit Blick auf China kündigte Trump ein Paket an, das Zölle und andere Maßnahmen im Volumen von etwa 60 Milliarden US-Dollar enthalten soll. Trump warf China unfaire Handelspraktiken und den Diebstahl geistigen Eigentums vor. Er sagte, man sei mit China in Verhandlungen, schreite aber in der Zwischenzeit voran. Das Handelsdefizit mit China werde sich durch die Maßnahmen sofort um 100 Milliarden US-Dollar reduzieren. Die Zeiten seien vorbei, in denen China auf Kosten der USA wirtschafte. Trumps Handelsberater Peter Navarro sagte Reportern, man spreche seit 2003 mit China. „Seither haben sie im Prinzip unsere Technologie völlig ausgeraubt.“

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hatten sich in dieser Woche in einem Last-Minute-Einsatz persönlich für eine EU-Ausnahmeregelung stark gemacht. Die Zölle sollen für die weiterhin betroffenen Länder an diesem Freitag in Kraft treten.

Der Präsident des Europaparlaments begrüßte in Brüssel beim EU-Gipfel die Nachricht aus Washington. „Sollte dies offiziell bestätigt werden, dann ist das sicher eine Nachricht, die in die richtige Richtung geht“, sagte Antonio Tajani. Die USA und Europa seien zwei Seiten ein und derselben Medaille. Europa stelle keine Gefahr für die USA dar. Das Problem der Überkapazitäten auf dem internationalen Stahlmarkt wurzele in China.

Deutsche Wirtschaft reagiert erleichtert

Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft reagierten erleichtert. „Das ist eine gute Nachricht für den transatlantischen Handel: Sowohl für den Wirtschaftsstandort Deutschland als auch für die USA“, sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer in Berlin. Strafzölle hätten der deutschen Wirtschaft erhebliche Absatzeinbußen beschert und keinem einzigen Unternehmen geholfen, weder diesseits noch jenseits des Atlantiks.

„Uns fällt ein großer Stein vom Herzen“, sagte der Präsident des Außenhandelsverbandes BGA, Holger Bingmann. Das Ausnehmen der EU von den „unsinnigen“ US-Strafzöllen sei ein Sieg der Vernunft, zumindest vorläufig. Es gelte weiterhin Überzeugungsarbeit in Richtung US-Regierung zu betreiben, dass Protektion in die Sackgasse führe. „Fairen Handel erreichen wir nur, wenn wir die Zölle auf beiden Seiten des Atlantiks beseitigen.“

Der US-Präsident und sein Handelsminister Wilbur Ross hatten für die Strafzölle Bedenken bezüglich der nationalen Sicherheit angeführt - was Europa als Scheinargument ansieht. Es gehe vielmehr um die Auslastung der US-Stahlwerke. Laut Ross arbeitet die US-Stahl- und Aluminiumindustrie deutlich unter ihrem Kapazitätslimit. Die Maßnahmen sollen die Werke auf einen Auslastungsgrad von 80 Prozent hochfahren.

Allerdings hatten zahlreiche andere Branchen Bedenken angemeldet. Sie befürchten, durch Vergeltungsmaßnahmen aus dem Ausland getroffen zu werden. So profitieren etwa die Hersteller von Getränkedosen derzeit von billigem Import-Aluminium.