Eine von vielen Seiten geforderte Waffenruhe für die syrische Stadt Aleppo ist nur auf diplomatischen Umwegen über Moskau und Washington möglich. Vielleicht kann dadurch der Friedensprozess wieder auf Spur gebracht werden.

Washington - Nach einem massiven Aufflammen der Kämpfe in der syrischen Stadt Aleppo haben Moskau und Washington für die nordsyrische Stadt eine Waffenruhe vermittelt. Wie das US-Außenministerium mitteilte, werde nach einer entsprechenden Vereinbarung mit Russland die in anderen Teilen Syriens geltende Waffenruhe auf das umkämpfte Aleppo ausgeweitet. Die Feuerpause solle um Mitternacht in Kraft treten. Aleppo ist der umkämpfteste Schauplatz in dem Bürgerkrieg.

 

„Wir setzen auf Russland als Ko-Vorsitzenden der internationalen Syrien-Unterstützergruppe, seinen Einfluss auf das Assad-Regime geltend zu machen. Die USA werden das ihre tun“, heißt es in einem Statement des US-Außenministeriums. Die russische Führung äußerte sich vorerst nicht zu der Einigung.

Zuvor hatten sich in Berlin Außenminister Frank-Walter Steinmeier und sein französischer Kollege Jean-Marc Ayrault um eine Wiederbelebung der Friedensgespräche bemüht und gleichzeitig eine Waffenruhe in Aleppo gefordert. „Wenn es für Aleppo unverzüglich in den nächsten Stunden keine Feuerpause gibt, bricht alles zusammen“, sagte Steinmeier. Ohne Feuerpause werde es auch „keine Rückkehr nach Genf“ zu den Friedensverhandlungen zwischen Regime und Opposition geben.

Keine großen Chancen für neue Friedensverhandlungen

Der Führer der gemäßigten syrischen Opposition, Riad Hidschab, sah in Berlin jedoch keine großen Chancen für baldige neue Friedensverhandlungen in Genf. Die Gespräche seien „in einer Sackgasse angekommen“, sagte Hidschab bei dem Syrien-Treffen. Als Grundbedingung für eine Friedenslösung nannte er den Rücktritt von Assad. Eine Regierung der nationalen Einheit lehnte er strikt ab.

Aus Protest gegen den Anstieg der Gewalt in den vergangenen Wochen hatte die syrische Opposition die Friedensgespräche in Genf verlassen. Insgesamt sind seit Ausbruch des Bürgerkriegs vor mehr als fünf Jahren nach UN-Angaben rund 400 000 Menschen ums Leben gekommen.

In Berlin soll auch ein neues Treffen der internationalen Syrien-Kontaktgruppe vorbereitet werden, die sich zuletzt im Februar in München getroffen hatte. Dazu findet am kommenden Montag in Paris ein weiteres Vorbereitungstreffen mit zehn Staaten statt, wie Ayrault mitteilte. Dabei werde Ayrault mit seinen Kollegen aus Saudi-Arabien, Katar, den Vereinigten Emiraten und der Türkei über die Lage in Syrien beraten, kündigte Regierungssprecher Stéphane Le Foll an.

Nach Berichten von Menschenrechtsbeobachtern gab es in Aleppo bei den jüngsten Kämpfen auf beiden Seiten viele Opfer. Jets und Hubschrauber flogen demnach Angriffe auf Regimegegner. Rebellen hätten Dutzende Geschosse auf die Viertel unter Kontrolle des Regimes abgefeuert. Laut den Menschenrechtsbeobachtern starben in den vergangenen Tagen rund 280 Zivilisten in der Stadt.

Mehr als 20 Angriffe

Zu Kämpfen zwischen Regime und Opposition kam es am Mittwoch auch östlich der Hauptstadt Damaskus, wie die Menschenrechtsbeobachter weiter erklärten. Flugzeuge hätten mehr als 20 Angriffe geflogen.

Der russische Generalmajor Igor Konaschenkow sagte, Moskau habe zusammen mit den USA am Dienstag eine Waffenruhe für Aleppo ausrufen wollen. Andauernde Angriffe auf syrische Regierungstruppen hätten dies verhindert, sagte der Offizier. Er wies Berichte über den Bau einer zweiten russischen Luftwaffenbasis in Syrien zurück. Vom derzeitigen Stützpunkt Hamaimim könne Russlands Luftwaffe alle Ziele in Syrien erreichen.

Bei einem Treffen von elf Verteidigungsministern des internationalen Bündnisses gegen die Terrormiliz Islamischer Staat drängten die USA ihre Partner zu einem stärkeren Kampf gegen den IS. „Die Koalition muss und kann mehr tun“, sagte US-Verteidigungsminister Ashton Carter am Mittwoch nach einem Treffen in Stuttgart. Er brachte auch einen Einsatz der Nato ins Spiel, die sich bisher heraushält.

Deutschland will sich weiter nicht direkt an Kampfhandlungen beteiligen, aber die Ausbildung von Kämpfern, Waffenlieferungen und Aufklärungsflügen verstärkt fortsetzen. „Keiner kann alles machen“, sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU).

Zur Anti-IS-Koalition gehören über 60 Staaten, die unterschiedliche Beiträge leisten. Das Bündnis hat nach eigenen Angaben fast 12 000 Luftangriffe gegen den IS in Syrien und im Irak geflogen.