Usbekistan erscheint wie ein Traum aus Tausendundeiner Nacht. Doch das Land hat auch eine moderne Seite, die es zu entdecken lohnt.

Taschkent - Die Fakten vorweg: Die Seidenstraße gibt es nicht. Vielmehr ist dieser uralte Handelsweg ein Geflecht aus Straßen und Wegen, das dereinst China mit dem Abendland verband. Doch allein schon die Erwähnung des Namens weckt noch heute Träume von Karawanen, kostbaren Stoffen und orientalischen Gewürzen, von langen, entbehrungsreichen Reisen, aber auch von der Pracht des Orients. Einer der wohl spektakulärsten Abschnitte der Seidenstraße verläuft durch das heutige Usbekistan: Die Oasenstädte Chiwa, Buchara und Samarkand waren fast 2000 Jahre lang wichtige Anlaufpunkte, Handels- und Rastplätze für die Karawanen auf ihrem langen, beschwerlichen Weg durch die Kysylkum-Wüste in Mittelasien.

 

Viel vom jahrhundertealten Glanz konnte im einstigen Reich des Dschingis Khan bis heute bewahrt werden. Mit ihren Palästen, Moscheen, Minaretten, Medresen (Koranschulen), Kuppelbauten, Basaren, alten Stadtmauern und Prachtbauten könnten die berühmten Oasenstädte noch immer als perfekte Kulisse für ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht herhalten. Staubige, löcherige Straßen, mit Lehm und Stroh verputzte Häuser aus luftgetrockneten Ziegeln, beladene Eselskarren, Frauen in bunten Kleidern und Männer mit zu kleinen Hüten prägen das Straßenbild in Chiwa.

So hocken sie - wie viele andere der knapp 300 Familien

Gerade einmal 26 Hektar groß und von einer 2500 Jahre alten Stadtmauer umgeben ist die historische Altstadt, die Itschan-Kala, Weltkulturerbe unter dem Schutz der Unesco. Kunstvolle Holzschnitzereien zieren die Eingangsportale vieler Häuser. Hinter den Türen öffnen sich großzügige Innenhöfe und auch Werkstätten von einheimischen Holzschnitzern. Deren Können ist unverkennbar groß, die Auftragslage jedoch klein. So hocken sie - wie viele andere der knapp 300 Familien, die im historischen Teil von Chiwa leben, entspannt auf den Teppichen vor ihren Werkbänken an kleinen Teetischen und genießen bei einem netten Plausch das eine oder andere Glas des heißen Aufgussgetränks. „Wir Usbeken lieben schwarzen und grünen Tee.

Und vor und nach dem Essen gibt es gerne weißen Tee, so nennen wir hier den Wodka“, lacht Muzafar Khodjayev. Der 34-Jährige arbeitet im Sommer als Touristenführer, im Winter gibt er Studenten Nachhilfe in Deutsch. „Weißer Tee hilft auch, die Hitze, die hier vor allem im Sommer herrscht, besser zu ertragen“, ergänzt er. Der Wind weht jede Menge trockene Luft, Sand und Staub aus den umliegenden Wüsten, der usbekischen Kysylkum und der turkmenischen Kara-Kum, über die Stadtmauern.

In dem Meer aus mehr als 50 kulturhistorischen Bauwerken ist das Minarett Kalta Minor ein ungewöhnlicher Blickfang. Der mächtige Turm mit einem Durchmesser von 15 Metern sollte dereinst der mit 70 Metern höchste Moscheeturm der islamischen Welt werden und sogar den Blick bis in das 480 Kilometer entfernte Buchara freigeben. „Weil der Khan befürchtete, man könne von oben in den Harem blicken, ließ er 1852 den Bau stoppen“, schmunzelt Muzafar mit Blick auf den „abgebrochenen Riesen“, der es dennoch auf ein Gardemaß von 26 Metern bringt. Nur einen Steinwurf entfernt liegt die Kunya-Ark-Zitadelle.

Zehn bis zwölf Stunden müssen für 480 Kilometer

Vom Wachturm der ehemaligen Residenz eröffnet sich eine Rundumsicht über die Altstadt. Nur der Blick in den Harem bleibt auch von hier verwehrt. Dabei ist der reich verzierte Innenhof sehenswert, ebenso das einstige Schlafgemach des Khans, der sich zu seinen vier Hauptfrauen bis zu 40 Konkubinen gönnte. Eigentlich fehlt nur eine vorbeiziehende Karawane, um die Bilderbuchkulisse perfekt zu machen. Gleichwohl lässt sich bei der Fahrt von Chiwa nach Buchara erahnen, wie beschwerlich der Weg durch die Wüste war. Zehn bis zwölf Stunden müssen für die 480 Kilometer lange Strecke kalkuliert werden. Der Straßenbelag wechselt zwischen exzellent und katastrophal. Abseits der Straße sind scheinbar schrottreife Raupen abgestellt. Sie dienen dazu, nach Sandstürmen die wichtigste, weil einzige Verbindungsstraße von Verwehungen zu befreien. All dies ist Teil der Faszination entlang der Seidenstraße.

Usbekistan ist auch ein modernes Land, geprägt vom Spagat zwischen dem Gestern und Morgen. Zwar ist der überwiegende Teil der Bevölkerung muslimisch, doch die Ausübung der Religion wird nicht streng ausgelegt. Und die Frauen haben sich bereits 1917 vom Schleier befreit. Ein Relikt des Seidenstraßenlebens sind die Basare, in denen noch heute gefeilscht und gehandelt wird. So in den vier historischen Handelskuppeln von Buchara, wo Seide, Teppiche, Gewürze, Tee, Schmuck, Juwelen, Musikinstrumente, Marionetten und Stoffe feilgeboten werden.

Die Männer schlappen mit Säcken voller Geld neben den Frauen beim Einkauf her. Grund ist die galoppierende Inflation. So ist ein 1000-Sum-Schein, größte erhältliche Geldnote, umgerechnet 30 Cent wert; Sum-Millionäre sind daher keine Seltenheit - und im Normalfall nicht reich. Reich ist Buchara aber an historischen Baumonumenten. Die prächtige Zitadelle war dereinst Wohnsitz der Herrscherfamilie. Wer nicht gebückt vor der Burg herging, wurde ausgepeitscht. An der Kaljan-Moschee ragt das gleichnamige Minarett als Wahrzeichen der Stadt 46 Meter in die Höhe.

Minarette als „Leuchttürme in der Wüste“

In den Turmfenstern wurde nachts Feuer gemacht, was erklärt, warum die Minarette als „Leuchttürme in der Wüste“ galten. Einen jähen Kontrast bildet das moderne und üppig begrünte Samarkand mit seinen großzügigen Boulevards. Am Registan-Platz, dem wohl schönsten aller orientalischen Plätze, verdichten sich Prunk und Protz in unvergleichlicher Weise. Dominiert wird das Areal von den drei Medresen Ulugbek, Tillja Kari und Sher Dur. Um dem Vorzeigeplatz Usbekistans sein ursprüngliches Aussehen zu verleihen, mussten alle Bewohner Samarkands in den Jahren 1994 bis 1996 pauschal 20 Prozent ihres Einkommens an die Stadt abführen.

Die mondäne Taschkent-Straße zweigt vom Registan-Platz ab und führt zur Bibi-Khanym-Moschee, die 1404 errichtet wurde. Angrenzend befindet sich der Siyob-Basar, Haupteinkaufsmeile Samarkands. Auf dem Hügel gegenüber thront die Totenstadt Shaki-Zinda, in der sich Dutzende Grabmale den Hügel hinaufziehen. Die 40 Stufen der Totenstraße hoch und runter zu zählen, soll Glück bringen. Vielleicht ist das Glück gemeint, diesen prachtvollen Teil der Welt gesehen zu haben .

So wird das Wetter für die Weltreise

Infos zu Usbekistan

Anreise
Die Flugzeit von Deutschland aus beträgt rund fünfeinhalb Stunden. Uzbekistan Airlines, www.uzbekistan-airlines.de , bietet Direktflüge ab Frankfurt ab 399 Euro an. Daneben werden Urgench und Taschkent im Charterverkehr von Germania, www.flygermania.de , angeflogen.

Unterkunft
Hotel Isaak Hoja, A. Rachmanov Street 70, Chiwa. Mit Blick auf das Haupttor und die Stadtmauer.

Hotel Malika Kheiwak, Islam Hoja Street 11, Chiwa. Zentral gelegenes Hotel mit großzügigen Zimmern. B&B Meros, A. Boltaeva Street 57, Chiwa, kleine Privatpension mit Familienanschluss in der Altstadt.

City Hotel, 19a University Boulevard, Samarkand. Hotel Registon, 16 Mirzo Ulugbek Street, Samarkand. Komil Hotel, 40 Barakiyon Street, Buchara.

Allgemeine Informationen
Usbekistan ist seit 1991 eine unabhängige Republik in Mittelasien, Hauptstadt ist Taschkent. Umgeben ist das Land im Westen und Norden von Kirgisistan und Kasachstan; im Osten grenzt es an Tadschikistan, im Südosten an Afghanistan und im Süden an Turkmenistan. Ein Visum ist notwendig, www.uzbektourism.uz , www.khiva.uz .

Globalis Erlebnisreisen hat eine achttägige Rundreise ab 1295 Euro inkl. Flug, HP und deutschsprachiger Reiseführung im Programm. Auf der Tour „Seidenstraße - Eine zauberhafte Reise entlang historischer Route“ werden die Städte Taschkent, Samarkand, Buchara und Chiwa besucht. Infos bei Globalis Erlebnisreisen, Tel. 0 61 87 / 4 80 48 40, www.globalis24.de .

Sprache: Usbekisch. Russische Sprachkenntnisse sind oft nützlicher als Englisch. Die kyrillische Schrift ist stark verbreitet.