Die Vaihinger Initiative Streuobst hat einen der seltenen Sachverständigen zum Test gebeten. Die Obstbauern wollen wissen, welche Sorten in der Streuobstschorle stecken.

Vaihingen/Enz - Nicht die Sorten sind vom Aussterben bedroht, sondern die Apfelexperten“, sagt der grüne Landtagsabgeordnete Markus Rösler. Die Mitglieder der Streuobstinitiative Vaihingen/Enz haben einen solch seltenen Pomologen – Hans-Thomas Bosch – aufgetan, damit dieser das Geheimnis lüftet, wie viele Streuobstsorten in der Streuobstschorle mit dem Umweltsiegel stecken. Und dieser hatte schon vor dem Abschluss seiner Testserie versichert, dass es mindestens 60 Arten seien. Geerntet werden die Früchte im 20-Kilometer-Radius rund um Vaihingen. Sie dürfen nur von hochstämmigen Bäumen kommen, weil diese als Lebensgrundlage von Gartenrotschwanz, Halsbandschnäpper oder Siebenschläfer gelten.

 

Apfelbäume können 150 Jahre alt werden

Auch wenn die von Supermärkten verkauften 20 bis 30 Erfolgssorten alle anderen in den Schatten stellen: „In Deutschland gibt es schätzungsweise noch immer etwa 1000 verschiedene Apfelsorten“, sagt der Apfelexperte Bosch vom Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee (KOB). „Aber es wäre vermessen zu sagen, dass ich sie alle zweifelsfrei erkennen kann.“ Auch wenn er seine Kunst unter den Scheffel stellt: er ist einer von deutschlandweit einem Dutzend Personen, die bis zu 300 Sorten unterscheiden können. Dass es noch so viele Sorten gibt, liege an der Langlebigkeit der Pflanzen: „Apfelbäume können bis zu 150 Jahre alt werden“, sagt er.

Meist beginne die Prüfung mit dem bloßen Auge, sagt Bosch (51): Ist der Apfel groß, rot, ungewöhnlich geformt? Dann nimmt er Hand und Nase zu Hilfe: Wie riecht er? Ist die Schale glatt oder fettig? Ist der Apfel weich oder hart? Erst dann wird die Frucht aufgeschnitten. „Auch die Kerne können Hinweise geben“, sagt der Pomologe. Manche Sorten habe sehr viele, andere besonders geformte Kerne. Bis schließlich der Biss in den Apfel folgt, um einen charakteristischen Geschmack zu erkunden.

Seltene Sorte entdeckt

Bosch hat 20 Jahre Erfahrung in diesem Metier. Deshalb wusste er schon vor der Analyse, dass vor allem Luiken sehr verbreitet sind in der Region. Überrascht hat ihn jedoch, dass unter den Testäpfeln auch eine „Luxemburger Renette“ war. „Die sind selten, und sie wurden lange mit dem ,Luxemburger Triumph‘ verwechselt.“

In den nächsten Tagen sollen auch die 110 Obstbauern erfahren, welche Sorten auf ihren Feldern gedeihen. Dafür haben sie ihre Früchte bei der Projektgruppe aus BUND, Nabu, Imkern und Obstbauverband abgegeben. Die Streuobstschorle, die die Initiative seit 2010 bei der Getränkefirma Ensinger abfüllen lässt, hat sich durchgesetzt. So gut, dass dafür in diesem Jahr erstmals mehr als 120 Tonnen Äpfel angenommen werden sollten. Aber wegen des heißen Sommers fällt die Ernte eher karg aus. „Wir sind froh, wenn wir 70 Tonnen zusammenbekommen“, sagt Rösler.