Markus Rösler hat den Mauerfall in Berlin erlebt. Aber schon 1988 war er als West-Stipendiat in Greifswald. Kurz nach dem Abschluss zwischen den beiden deutschen Staaten konnte er dorthin reisen, wo eigentlich kein Westkontakt erlaubt war.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Vaihingen/Enz - Schüchtern war Markus Rösler schon damals nicht. Und auch heute sprudeln die Geschichten nur so aus dem Grünen-Politiker, der für den Wahlkreis Vaihingen im Landtag sitzt, heraus. Beim Thema DDR muss man ihn nur anstupsen. Damals also, im November 1988, fuhr er im roten VW Polo seines Bruders von Westberlin, wo er studierte, Richtung Greifswald. Er war Student der Landschaftsplanung und hatte ein Seminar belegt, in dem der Umweltschutz in den beiden deutschen Staaten Thema war. Zudem war Rösler einer von 15 westdeutschen Stipendiaten, die ein Jahr vor dem Ende der DDR an ganz verschiedenen Orten im Land jenseits des Eisernen Vorhangs unterkamen. Das kurz zuvor geschlossene Kulturabkommen zwischen den Ländern machte diese Reise in den Osten möglich.

 

Ein Anti-Atom-Aufkleber auf dem Auto

Den Kofferraum hatte Rösler an jenem Novembertag voller bundesdeutscher Umweltschutzliteratur, und auf der Heckklappe seines Gefährts prangte ein „Atomkraft, nein danke!“-Aufkleber. Letzteres war eine Provokation, denn in Greifswald befand sich außer dem Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz, wo er hin wollte, auch das Kernkraftwerk Lubmin. Es versorgte damals weite Teile der DDR mit Energie. Der Grenzbeamte ließ sich Röslers Papiere zeigen und sagte fast sentimental: „Ach nach Hiddensee wollen Sie, da wollte ich immer mal hin“ – Hiddensee war Röslers offizielles Reiseziel.

Als er die in der DDR verbotenen Bücher von Horst Stern im Kofferraum sah und Rösler ihm erklärte, das sei alles Fachliteratur, die er brauche, kapitulierte der Grenzer, sagte „Na dann“ – und wünschte alles Gute. So einer wie Rösler war nicht vorgesehen. Das Kulturabkommen machte seinen Aufenthalt zwar möglich, überforderte aber offensichtlich manchen im System. Für ihn habe es keine Direktiven gegeben, sagt der 53-Jährige. Heute ist der Nabu-Aktivist der ersten Stunde für die Streuobstwiesen zuständig. Damals war das Greifswalder Institut einen Monat lang seine wissenschaftliche Heimat.