Die Stadt Esslingen verantwortet 49 Rettungseinrichtungen am Neckarufer. Die Kästen werden häufig beschädigt und die langen Wurfleinen entwendet. Das kann fatale Folgen haben.

Auf dem gelben Aufkleber prangt in schwarzer Schrift: „Dieser Rettungsring hilft Menschenleben retten!“ Roman Groh ist allerdings skeptisch. „Dafür müssten sie einsatzfähig sein“, sagt er nachdenklich und zeigt auf einen der Edelstahlkästen, die in einem Abstand von 200 bis 300 Metern am Esslinger Neckarufer stehen. „Hier zum Beispiel fehlt die Leine.“ Die sei im Falle des Notfalls genauso wichtig, wie der Ring selbst, betont er. Weil man damit die zu rettende Person an Land ziehen könne.

 

Der passionierte Angler sitzt regelmäßig am Neckar, um seine Angeln auszuwerfen – zu jeder Tages- und Nachtzeit. „Da kriegt man einiges mit.“ Immer wieder komme es vor, dass Jugendliche mutwillig die Abdeckungen der Kästen verbiegen oder die Griffe abreißen, berichtet er. „Einmal haben welche eine Leine zerschnitten und in Stücken an die Bäume geknotet.“ Roman Groh macht so etwas fassungslos.

„Wer so etwas macht, nimmt in Kauf, dass ein Mensch stirbt“

Und „richtig wütend“ werde er, wenn er einen leeren Rettungskasten sehe – was gelegentlich vorkomme. „Es gibt ‚Scherzbolde’, die nehmen, warum auch immer, so einen Ring mit oder werfen ihn in den Neckar oder irgendwo in die Landschaft“, erzählt Groh und fügt mit Nachdruck hinzu: „Wer so etwas macht, nimmt in Kauf, dass ein Mensch stirbt.“

Beliebte Beute: Rettungsringe und Wurfleinen verschwinden immer wieder aus den Kästen. Foto: Elke Hauptmann

Auch die Kästen selbst werden immer wieder beschädigt, ärgert man sich im Esslinger Rathaus. Allesamt sind mit Farbe besprüht und mit Aufklebern übersäht, vereinzelt stehen sie schief und sind verbeult. „Der letzte große Vandalismusschaden war im Juni 2024“, berichtet Esslingens Baubürgermeister Hans-Georg Sigel. Man habe damals auch Anzeige gegen Unbekannt bei der Polizei erstattet.

Die Stadt ist für insgesamt 49 Rettungseinrichtungen entlang des am Fluss verlaufenden Neckartalradweges „verkehrssicherungspflichtig“, wie es im Fachjargon heißt. Die Kästen befinden sich auf der Nordseite des Neckars zwischen der Innenstadt und dem Industriegebiet Oberesslingen/Zell. Für die Rettungseinrichtungen am schiffbaren Kanal ist hingegen das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Neckar zuständig.

„Farbschmierereien sind ein generelles Problem“, räumt der Bürgermeister ein und es klingt resigniert: „Dagegen können wir nichts tun.“ Laut Sigel sind viele der Kästen zwar „alt, aber voll funktionsfähig“. Darauf werde streng geachtet. „Die Kontrollen erfolgen einmal im Monat.“ Fehlende Rettungsringe und Wurfleinen werden bei Bedarf aufgefüllt. Und das ist häufiger der Fall: „Es verschwinden etwa fünf Rettungsringe pro Jahr“, sagt Sigel. „Und etwa zehn Mal im Jahr fehlen die 30 Meter langen Wurfleinen, die an den Ringen befestigt sind.“

Ein Edelstahlkasten kostet rund 700 Euro

Der Austausch der Gehäuse erfolgt hingegen nur, wenn es nicht mehr anders geht. „Und dann kommt immer die Edelstahlvariante zum Zug, da diese sehr robust und langlebiger ist“, berichtet der Bürgermeister. Freilich ist sie auch teurer. „Ein neuer Kasten aus Metall kostet rund 700 Euro, aus Kunststoff etwa 450 Euro“, sagt Sigel. Wie oft so ein Rettungsring tatsächlich gebraucht wird, um einen Menschen aus dem Neckar zu retten, dazu kann die Stadt keine Angaben machen.

Dichtes Gestrüpp: An manchen Rettungsringstandorten gelangt man nicht an den Neckar. Foto: Elke Hauptmann

Roman Groh kritisiert noch etwas anderes: „Bäume und Sträucher am Neckar sind stellenweise so dicht gewachsen, dass man einen Rettungsring gar nicht in den Fluss werfen könnte und erst eine geeignete Stelle dafür finden müsste.“ Für das Grün und die Gehölze im Uferbereich entlang des Radweges ist die Stadt ebenfalls zuständig. Laut dem Leiter des Grünflächenamtes, Matthias Schneider, wird der Strauchbewuchs regelmäßig zurückgeschnitten – um Passanten nicht zu behindern, wie es heißt. Groh würde sich jedoch wünschen, dass zumindest direkt am Standort eines Rettungsringkastens eine Schneise ins Dickicht geschnitten würde, um dort dicht an den Neckar heranzukommen.

Die Handhabung eines knallig orangefarbenen Rettungsrings ist übriges gar nicht so einfach, räumt man im Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt mit. Den Ring sollte man einem Verunglückten nicht direkt zuwerfen – man könnte diesen nämlich verletzten. So ein Ring wiegt immerhin um die drei Kilo. Die Empfehlung lautet, den Ring so zu werfen, dass sich der zu Rettende darauf zubewegen kann. Wenn er ihn erreicht hat, kann der Helfer am Ufer den Ring mit der daran befestigten Wurfleine zu sich heranziehen.

Was tun im Notfall?

Rettung
An einigen Rettungsringkästen klärt ein Aufkleber über die Rettung Ertrinkender auf. Auf kleinen Bildchen wird erklärt, wie man die Person mit Hilfsmitteln wie Rettungsring, Leinen, Stangen oder schwimmenden Gegenständen ans Ufer bringt. Oberste Regel: Ruhe bewahren und nicht selbst in Gefahr bringen.

Hilfe
Sobald die verunglückte Person am Ufer ist, Bewusstsein und Atmung prüfen und überwachen, gegebenenfalls Herzdruckmassage und Beatmung im Wechsel vornehmen. Parallel dazu den Notruf 112 wählen. Ist der Verunglückte bewusstlos, sollte man ihn in die stabile Seitenlage bringen und sonst so wenig wie möglich bewegen. Einen weiteren Wärmeverlust durch Zudecken verhindern. Gliedmaßen nicht massieren.