Kathi Lanz und Paul Hübner kündigten Jobs und Wohnungen, kauften sich einen Van und dann ging's quer durch Europa. Gerade machen sie einen Zwischenstopp in Stuttgart, erzählen am Samstag auf der CMT von ihrem Van-Life.

Stadtkind: Tanja Simoncev (tan)

Stuttgart - 200 Tage, acht Länder und noch lange nicht fertig. So in etwa könnte man das Abenteuer "Vannomaden" kurz und knackig zusammenfassen. Doch da ist noch so viel mehr, was Kathi Lanz und Paul Hübner, die vor einem halben Jahr Jobs und Wohnungen kündigten, um im Van die Welt zu erkunden, zu erzählen haben. Das werden sie bei einem Zwischstopp in der alten Heimat tun - und zwar am Samstag auf der CMT-Urlaubsmesse. Vorher trafen wir die beiden Boardfans auf einen netten Plausch in Stuttgart-West

 

Kathi und Paul scheinen glücklich und vor allem angekommen, obwohl sie ständig "on the Road" sind. Man sieht ihnen an, dass das Leben im Van mehr als Fun macht, die Suche nach dem Platz in der Welt keinem zweiten Abenteuer gleicht. Kein Wunder: Vergeht für viele ein halbes Jahr wie im Flug, war es bei den beiden vollgepackt mit jeder Menge neuer Eindrücke, Erlebnisse "und einer krassen Entwicklung", betont Paul. Der 29-Jährige spricht vor allem von einer persönlichen Weiterentwicklung im Professionellen: "Wie ich arbeite, wann ich arbeite und wie ich mit anderen kommuniziere, da habe ich große Schritte in die richtige Richtung gemacht, ich bin viel selbstbewusster und souveräner."

Das mobile, digitale Nomadentum

Und den beiden Weltenbummlern wird immer mehr bewusst, dass das, was sie da tun, ziemlich viele Menschen interessiert. Über sämtliche Social-Media-Kanäle lassen die Vannomaden deshalb die Leute da draußen an ihrem Leben teilhaben. Unter ihnen ihre mit Abstand größten Fans und Follower - Pauls Eltern, die im Stuttgarter Westen wohnen. "Die beiden folgen uns auf Facebook und verfolgen damit alles ganz genau. Es ist schon besonders, dass meine Eltern ja dadurch auch einen anderen Einblick in mein Leben bekommen und mich nochmal so richtig kennenlernen. Zu sehen, dass ihnen das so eine große Freude bereitet, bewegt mich dazu, sie überall hin mitzunehmen, ich mache das auf jeden Fall auch für die beiden." 

Generell sei das Feedback unglaublich positiv. "Das freut uns sehr." Auch wenn der anonyme Internet-Hate nicht ganz ausbleibe, "aber wir versuchen immer allen, auch Kritikern zu antworten, sie aufzuklären und auf sie einzugehen." Und so wurden und werden weiter fleißig Europas Straßen unsicher gemacht. Über Dänemark ging's mit der Fähre hoch nach Norwegen und auf die Lofoten. "Da oben haben wir uns ein bisschen Zeit gelassen, waren wie Einsiedler an einsamen Orten unterwegs und haben einfach die Ruhe genossen", sagt Kathi. Dann ging's kurz zum Alumni-Talk nach Ravensburg, wo die 28-Jährige studiert hatte und weiter an die Atlantikküste in Frankreich zum Surfen. Es folgten Stopps in Zürich, Botzen und Stockholm.

Wer jetzt denkt, die beiden würden nur auf der faulen Haut liegen, der irrt. Immer mehr Fans würden zu Kunden werden, an Aufträgen mangele es den beiden, die sich als kleine Kreativ-Agentur selbstständig gemacht hatten, ganz und gar nicht. Und auch eigene Projekte werden endlich angegangen, so wie etwa die Vannomaden-Website, die seit geraumer Zeit online ist. "Wir hatten uns gegen einen klassischen Blog entschieden und wollen nun viel lieber ein Van-Life-Lexikon an den Start bringen", berichtet Kathi weiter. Paul kam die Idee dazu - ganz nach dem Vorbild des Survival-Lexikons von Rüdiger Nehberg. "So in der Art möchten wir das auch aufbauen - nur eben über das mobile, digitale Nomadentum mit Philosophie-Tipps, lustigen Texten und persönlichen Gedanken."

"Einmal richtig surfen lernen"

Unter anderem hat das Pärchen am eigenen Leib erfahren, dass man weniger konsumgeil durch die Gegend laufe und sich einfach weniger Sachen kaufe und wenn, dann Dinge, die man auch im Van dabei haben kann. "Das ist ganz befreiend, wenn man mal nicht alles kaufen will und muss - aus Platzgründen, aber weil es manchmal eben auch egal ist, was man anhat", so Kathi. Nichtsdestotrotz machen die Nomaden jetzt auch in Mode. "Uns kam die Idee, wir könnten doch von jedem Land, in dem wir waren, ein Shirt, Pulli oder Hemd machen. Da wäre dann der dicke Pulli für Norwegen mit Icon, Typo und am Ärmel die Anzahl der Tage, die wir dort verbracht haben." 

Apropos dicker Pulli, wie war denn der Winter für die zwei Travelmaniacs so: "Saugeil", die klare Antwort der beiden. Weihnachten sei jeder bei der Familie gewesen, Silvester hätte man zusammen verbracht, danach ging's weiter nach Paris, wo Kathis Bruder lebt. "Wir hatten Bedenken, wie das im Winter alles so funktioniert, vor allem mit dem Heizen, aber es geht super easy. Und es ist so cool, wenn du einfach am Ski-Lift mit deinem Van stehen kannst, direkt unten am Parkplatz, und du weißt, du bleibst so lange wie du willst - ein wirklich gutes Gefühl." Deshalb soll der Winter auch noch richtig genutzt werden - der grobe Plan: Zwei Monate Tirol, dann von März bis Mai nach Skandinavien zum Boarden, ab Mai nach Portugal, um so richtig gut surfen zu lernen und im Sommer nach Bulgarien und Ost-Europa.

Und wie sieht's da mit Heimweh aus? "Gibt's nicht. Wir machen das ja, um unseren Platz im Leben zu finden - mental und geografisch und wir suchen noch." Paul etwa will mehr in die Natur, eine Stadt ganz oben in Norwegen hat es ihm angetan. Aber es sei noch nichts konkret, auch wenn die Frage "Wie lange wollen wir das eigentlich noch machen?" immer wieder in den Raum geworfen werde. "Ewig können wir das ja auch nicht machen, dafür sind wir beide zu sehr Arbeits- und Familienmenschen und wir wollen uns irgendwann auch einfach settlen." Man denke über Familiengründung, ein festes Umfeld und soziale Kontake nach. "Wir sehen ein Ende, aber wo und wann ist noch unklar, dafür macht das Ganze gerade noch zu viel Spaß."

Ohne Stress und Druck - einfach frei

Die Endzwanziger sind gespannt und freuen sich des Lebens. "Das Van-Life ist schon so normal und trotzdem aufregend, es läuft locker-flockig, macht Spaß. Für uns steht definitiv fest: Die geilste Zeit ist jetzt." Und was war ein ganz besonderes Highlight? "Der November im Pitztal, direkt am Pitztal-Gletscher, den Parkplatz direkt an der Gondel. Der erste Schnee fiel und wir sind mitten in einem Meter Neuschnee aufgewacht. Niemand war da und wir die ersten, die das Szenario genießen konnten - allein, ohne Stress und Druck. So etwas vergisst man nie wieder, das war das absolute Freiheitsgefühl." 

Und was soll da noch kommen? "Ich will noch mehr zur Ruhe kommen", sagt Paul. Gerade die ersten drei Monate seien die beiden, trotz der atemberaubenden Natur um sie herum, innerlich angespannt und gestresst gewesen. "Mit diesem ganzen neuen Leben klarzukommen, war erstmal eine Herausforderung und deshalb will ich das gleiche nochmal machen, nur entspannter. Und so bitter es ist, frage ich mich, wie lange wir das noch so unbeschwert machen können." Der Blick nach Großbritannien und in die USA bereite den beiden Sorgen. "Wer weiß, wie lange Europa noch so offen bleibt, wie es gerade ist. Die Tatsache, dass wir so frei reisen können, ist ein Privileg und das müssen wir mehr zu schätzen wissen. Und deshalb sehe ich unsere Aufgabe auch darin - und da wären wir wieder beim Thema Bewegung - den Menschen da draußen, die Vorzüge eines offenen Europas zu zeigen."

"Home is where you park it" heißt der Vortrag der Vannomaden am Samstag, um 12.30 Uhr, auf der CMT - Urlaubsmesse. Mehr Infos, Updates und die Kontaktdaten von Kathi und Paul gibt's auf der Homepage der beiden.