Seit fünf Jahren ist Jorge Mario Bergoglio das Oberhaupt von mehr als 1,2 Milliarden Katholiken. Diese fünf Aspekte prägten die bisherige Amtszeit von Papst Franziskus.

Rom - Vor fünf Jahren hat Jorge Mario Bergoglio den Stuhl Petri erklommen, den „Thron“ der katholischen Kirche. Nach dem Rücktritt von seinem deutschen Vorgänger Papst Benedikt XVI. versprach der bis dahin im Vatikan eher unbekannte Argentinier von Anfang an eine Erneuerung der Kirche. Diese fünf Aspekte prägten die bisherige Amtszeit von Papst Franziskus

 

Der politische Papst

So deutliche Worte wie die von Papst Franziskus mag sich wohl so mancher auch von den gewählten Politikern wünschen. Der Argentinier spricht Klartext. Vor allem in der Migrationskrise. Im April 2016 hatte er das Flüchtlingslager Moria auf Lesbos besichtigt und dort mit Migranten gesprochen. Seitdem kritisiert der Papst immer wieder die Flüchtlingspolitik der Europäischen Union. Dass die Europäer ihre Türen verschlössen und gleichzeitig immer weniger Kinder bekämen, bezeichnete er als „Selbstmord“. Am schärfsten war wohl seine Äußerung im April 2017, als er die Aufnahmezentren für Migranten in Griechenland mit „Konzentrationslagern“ verglich.

Auch mit seinen bislang 23 Auslandsreisen lenkte der Papst in den vergangenen fünf Jahren immer wieder den Blick der Öffentlichkeit auf die Konfliktregionen der Welt. Sie führten ihn unter anderem nach Südkorea, Albanien, Myanmar und Bangladesch und in seine Heimat Lateinamerika. Der Papst macht damit Politik und schert sich dabei wenig um politische Korrektheit: Er nennt die Dinge beim Namen. Bei seiner Reise nach Armenien im Juni 2016 bezeichnete Franziskus das Massaker 1915/16 an den Armeniern im Osmanischen Reich in seiner Abschlusserklärung und damit offiziell als „Völkermord“, was heftige Proteste von Seiten der Türkei auslöste.

Der Reformpapst

Bereits zu Beginn seines Pontifikats am 13. März 2013 hat Papst Franziskus eine Erneuerung der katholischen Kirche versprochen. Der Argentinier scheut sich nicht davor, einstige Tabuthemen offen anzusprechen. In seinem Lehrschreiben „Amoris Laetitia“, das im Frühjahr 2016 veröffentlich wurde, schreibt Franziskus über Liebe, Familie und den Zölibat. Nicht nur deutet er darin mehr Barmherzigkeit in der strengen katholischen Sexualmoral an, er wirbt unter anderem auch für einen neuen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Es sei wichtig, sie spüren zu lassen, dass sie Teil der Kirche sind. In Einzelfällen ist es dadurch heute möglich, dass Geschiedene die Beichte und die Eucharistie empfangen können. Statt Moralvorstellungen auf Teufel komm raus zu verteidigen, setzt Franziskus auf die Gewissensentscheidungen jedes Einzelnen. Von den Priestern verlangt er mehr Praxis als Theorie.

Der aneckende Papst

Dass er sich mit seinem Reformeifer vor und hinter den Mauern des Vatikans nicht nur Freunde macht, ist Franziskus klar. Die Gegner des Papstes halten mit ihrer Kritik auch nicht gerade hinterm Berg. Vier Kardinäle, darunter der deutsche Walter Brandmüller und der mittlerweile verstorbene Kardinal Joachim Meisner, verfassten im November 2016 einen offenen Brief an Papst Franziskus und forderten darin Aufklärung über dessen Familienschreiben „Amoris Laetitia“. Sie sehen in dem Schreiben Widersprüche zur kirchlichen Lehre. Anfang Februar 2017 klebten Unbekannte rund 200 Plakate in ganz Rom, auf denen Papst Franziskus mit einer saftigen Anklage konfrontiert wird: „Du hast die Kongregationen unter Aufsicht gestellt, Priester entfernt, den Malteserorden und die Franziskaner der Immakulata enthauptet, Kardinäle ignoriert. Aber wo ist deine Barmherzigkeit?“ In Rom kann sich niemand an eine ähnliche derart offene und öffentliche Kritik an einem Papst erinnern. Der Papst beklagt sich nicht über solche Aktionen, es ist aber schon fast Tradition, dass er seinem Ärger in der Weihnachtsansprache vor der Kurie Luft macht. Und während der 81-Jährige den einen zu modern ist, bemängeln andere, dass der Papst seine Versprechen nicht oder zu langsam umsetzt.

Der Volkspapst

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Papst Benedikt XVI. scheint Franziskus die Nähe zu den Menschen zu genießen, ja sie geradezu zu suchen. Berührungsängste kennt der Pontifex nicht. Er nimmt auch mal ein blaues Auge in Kauf. Als Franziskus während der Kolumbienreise im September 2017 nach der Messe am Containerhafen Cartagenas in seinem Papamobil seine Runde drehte, gab es einen kleinen Unfall: Franziskus stieß sich an einer Scheibe, als er ein kleines Kind grüßen wollte und das Papstgefährt dafür bremste. Ein Begleiter tupfte die blutende Augenbraue ab und Franziskus setzte seine Fahrt durch die Menge fort. Später zierte ein Veilchen sein Auge.

Der Papst ist auch rhetorisch nah am Volk. Franziskus spricht eine klare, einfache Sprache. Er bedient sich gerne bildlicher Vergleiche – zum Beispiel, als er seine Meinung kundtat, die Katholiken sollten sich nicht „wie Karnickel“ vermehren. Und sein erstes Angelus-Gebet am Sonntag nach seiner Ernennung zum Pontifex beendete er, indem er den 150.000 Menschen, die ihm auf dem Petersplatz zujubelten, einen „schönen Sonntag und guten Appetit“ wünschte.

Der bescheidene Papst

Seit dem ersten Tag im Amt predigt Papst Franziskus Barmherzigkeit und Bescheidenheit. Diese lebt er in seinem päpstlichen Alltag tatsächlich selbst. Statt der edlen roten Papstschuhe bevorzugt Jorge Mario Bergoglio lieber schwarze orthopädische Modelle. Statt in die prunkvolle Papstwohnung im Apostolischen Palast ist Franziskus in das schlichte Gästehaus Santa Marta im Vatikan gezogen, wo er bis heute wohnt. Ist er zu Terminen in Rom unterwegs, sieht man ihn nicht in schwarze überdimensionierte Limousinen steigen – der Papst bevorzugt einen Kleinwagen, zuletzt wurde er in einem blauen Ford gesehen.

Nicht nur bei seinen Reisen geht Franziskus an die „Ränder“, wie er es nennt. Er trifft sich auch mit Obdachlosen, Flüchtlingen und Gefängnisinsassen. Anstatt die Wohnungslosen vom Petersplatz zu vertreiben, ließ Franziskus Duschen und Toiletten für sie einrichten. Bereits seine Namenswahl ließ vermuten, wo die Prioritäten dieses Papstes liegen werden: Franziskus sei für ihn der Mann der Armut, des Friedens, der die Schöpfung liebe und bewahre, erklärte Bergoglio seine Namenswahl. Anzustreben sei eine „arme Kirche für die Armen“.