Beim Vegan Street Day auf dem Marktplatz überzeugen prominente Köche, dass der Verzicht von Fleisch den Genuss beim Essen nicht schmälert.

Die Veganer sind schon wieder so gemein. Lassen es einfach nicht gelten, dass Sojamilch nicht richtig schäumt und die Latte daher nicht so schmeckt, wie man das gewohnt ist. Geben bei dem Argument, dass der Burger aus Sojabohnen keinen Sinn mache, nicht klein bei, und werden in ihrer Widerrede deutlich: „Dann schmeckt’s halt nicht, dafür hatte es kein Gesicht, hat nicht geweint, gelitten und geschrien“, singen Sabine und Neil Meusel, die als Duo „Erbsenschreck“ ihre Botschaft in ironisch-witzige, aber sehr ernst gemeinte Liedtexte verpacken und den Vegan Street Day am Pfingstsonntag auf dem Marktplatz musikalisch eröffneten. Ein buntes Markttreiben, bei dem der Veranstalter Animal Rights Watch e. V. (Ariwa) mit allen Facetten des veganen Lebens vertraut machte, und das zahlreiche Besucher anzog. Die wachsende Schar der konsequenten Verfechter des Tierschutzes und jene, die für Inspiration und Überzeugung offen sind.

 

Davon, dass es nicht schmeckt, wie Erbsenschreck provokant gesungen hat, weil angeblich der Verzicht auf Fleisch und tierische Produkte wie Milch und Eier mit weniger Genuss einher gehe, kann keine Rede sein. Widerlegt wurde das Vorurteil allein schon durch die langen Schlangen vor den Imbiss-Ständen mit reichem und vielfältigem Angebot von Pizza, Maultaschen, Falafel, Burger, Bratwurst oder den Pelmeni und Piroschki am Stand Vegan Ost von Eduard Peppe aus Bautzen. Mit der Lieferung von Kostproben kaum nachkommen konnte Yannick Fosse, der in seiner Manufaktur Petit Veganne in Saargemünd Käse ausschließlich aus Cashewnüssen herstellt: Einen Camembert, für den er eine Auszeichnung erhielt, den Petit Frais mit verschiedenen Aromen und den Petit Alba, der sogar nach Ziegenkäse schmeckt. „Köstlich, großartig“, hieß das einhellige Lob der kauffreudigen Verkoster. Andreas Probst aus Baden machte mit Tempeh bekannt, einer indonesischen Spezialität aus gerösteten Sojabohnen, die optimal mit Eiweiß versorgen.

Vegane Küche mit Geschmack und Tradition

Von Umami, dem intensiven Geschmackserlebnis, spricht der prominente Koch Björn Moschinski, der auf der Bühne zusammen mit Falk Millisterfer vom Restaurant Quantum Kitchen in Frankfurt/Main die hohe Schule der veganen Küche zelebrierte. Mit Pilzen, vorzugsweise Kräutersaitlingen, die wie Huhn schmecken – „es gibt keinen Grund mehr, Hühnchen zu essen“ - und Pancakes aus roten Linsen, denen Haferflocken das ganze Spektrum an Aminosäuren verleihen. Denn Moschinski räumte mit einem weiteren Vorurteil auf: Er lebe seit 31 Jahren vegan und habe keinerlei Mangelerscheinung.

Vegane Küche mit Geschmack und Tradition

Und wie geht Vegan auf Bayrisch? Der Foodblogger Rudi aus München, 31 Jahre alt, seit drei Jahren vegan, aber schon seit 18 Jahren vegetarisch, obwohl oder gerade weil aus einem Metzgerhaushalt stammend, begeisterte mit seiner ebenso amüsanten wie professionellen Performance bei der Zubereitung von Fleischpflanzerln. Aber was ist mit Schweinsbraten, der Grundfeste bayerischer Küche? Selbst das, versichert er, habe er schon geschafft: Aus Weizengluten. Und mit dem Einsatz von Reispapier sogar eine Kruste hingekriegt.

„Man muss experimentieren“, verriet am Stand des Lebenshofes Ellswiesen die Großmutter, die für ihre Enkelkinder Alia (5) und Leo (7) Veganerin geworden ist. Diese Familie ist sich einig. Aber viele Veganer erleben Gegenwind in Familie, Beziehung, von Freunden und Gesellschaft, berichtete die Schweizer Psychotherapeutin Martina Uttinger im Gespräch mit Nicole Bornkessel von Ariwa. Dazu würden viele unter dem Trauma der schrecklichen Bilder aus Schlachthäusern leiden. Uttinger hat sich deshalb auf vegane Psychotherapie spezialisiert. (Via instagram: @vegane_psychotherapie). „Öffne Dein Herz und verzichte mal auf Schmerz“, singen Sabine und Neil Meusel. Ein Appell im Namen der Tiere.