Freiburg stellt in Grundschulen und Kitas auf rein vegetarische Kost um. Das ist in manchen Einrichtungen im Kreis Ludwigsburg längst geschehen. Wie haben die Betroffenen reagiert?

Die Wellen schlugen hoch, als der Freiburger Gemeinderat im Oktober beschloss, nach den Sommerferien in Kitas und Grundschulen nur noch vegetarische Kost auf die Speisekarte zu setzen. Vor allem gestiegene Lebensmittelpreise hatten die Stadt zu diesem Schritt veranlasst – an dem trotz der folgenden teilweise scharfen öffentlichen Kritik festgehalten wird, wie Pressesprecher Sebastian Wolfrum konstatiert. Zumal die Eltern selbst auf die Umstellung gelassen reagiert und eher bemängelt hätten, bei der Entscheidung nicht genügend mitgenommen worden zu sein. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Freiburg damit keinen Veggie-Boom in anderen Kommunen ausgelöst hat – jedenfalls nicht im Landkreis Ludwigsburg.

 

Wahlfreiheit in Kornwestheim

Es sei nicht angedacht, in den Schulen und Kindergärten nur noch Mahlzeiten ohne Fleisch zu servieren, erklärt Lisa Herfurth von der Pressestelle der Stadt Kornwestheim. Auch die Einführung eines einzelnen Veggie-Days pro Woche, wie unlängst von der Evangelischen Heimstiftung für ihre Einrichtungen angekündigt, habe man nicht im Sinn. „Die Eltern wollen die Wahlfreiheit behalten“, erklärt Herfurth. Es werde ohnehin stets ein vegetarisches Menü angeboten. Sprich: Wer aus freien Stücken auf Fleisch verzichten will, kann das schon jetzt tun.

Eine ähnliche Sicht auf die Dinge hat man im Ludwigsburger Rathaus. „In allen Mensen werden täglich mindestens zwei Menüs angeboten. Eines davon muss zwingend vegetarisch sein“, berichtet Pressesprecherin Susanne Jenne. Sie gibt zudem zu bedenken, dass zum Teil auch kulturelle Essgewohnheiten gegen einen Veggie-Day oder ein rein vegetarisches Speiseprogramm sprächen. „Manche Familien empfinden eine komplette Umstellung auch als Bevormundung“, betont Jenne. Insofern wolle man nicht an der bisherigen Versorgungsstrategie rütteln. Dabei orientiere sich die Stadt an den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, „die unter anderem eine geringe Menge Fleisch und Fisch pro Woche empfiehlt“.

Offen für Veränderungen

Fleischlose Speisesäle lehnt auch Volker Müller ab. Der Leiter des Marbacher Friedrich-Schiller-Gymnasiums (FSG) verweist aber darauf, dass man in der Mensa vor Ort stets ein vegetarisches Gericht wählen könne, was auch viele Schüler „ganz bewusst tun“. Es sei wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen am FSG „in Schulnähe die Möglichkeit haben, gerne zu essen und auch gesund zu essen“. Das würde sein Kollege Mathias Hilbert gewiss unterstreichen. Der Geschäftsführende Schulleiter der Ludwigsburger Gymnasien zeigt sich aber auch offen für Veränderungen in der Speiselandschaft. „Ich würde nicht direkt einen Veggie-Day fordern, weil ich finde, dass man nicht immer alles vorgeben, sondern die Menschen mitnehmen und ihre Bedürfnisse berücksichtigen sollte. Ich finde aber schon, dass man nicht zwingend jeden Tag Fleisch essen muss“, sagt Hilbert. Schließlich stehe man auch in der Verantwortung, mit der Umwelt oder, aus religiösem Blickwinkel gesprochen, mit der Schöpfung pfleglich umzugehen.

Schüler hoffen auf separate Salatbar

Der Leiter des Otto-Hahn-Gymnasiums macht außerdem darauf aufmerksam, dass speziell bei den älteren Schülern bereits ein Sinneswandel zu beobachten sei. „Die wollen von sich aus weniger Fleisch essen und stattdessen mehr Gemüse, Obst und Salat oder einfach qualitativ hochwertige Alternativen. Deshalb verstehe ich die ganze Aufregung um das Thema nicht so richtig“, erklärt Hilbert. Entscheidend sei, dass zum Fleisch immer eine vegetarische oder vegane Alternative bereitstehe.

Und für die Zukunft wünschten sich die Kinder und Jugendlichen an seinem Gymnasium darüber hinaus, sich an einer separaten Salatbar bedienen zu können – wie es an den großen Mensen in der Innenstadt bereits Usus sei. Alltag in Erdmannhausen ist indes seit einigen Jahren, dass Kitas und Grundschule ausschließlich mit vegetarischen Speisen beliefert werden. Anfangs wurde darüber intensiv diskutiert, längst haben sich die Gemüter beruhigt. Auch in Marbach kommen in einzelnen Betreuungseinrichtungen weder Schnitzel noch Koteletts auf den Teller. „In der Krippe und in zwei Kindergärten bieten wir ausschließlich vegetarische Kost, regional und saisonal, an“, berichtet die Erste Beigeordnete Franziska Wunschik. In den städtischen U-3-Gruppen habe man von Anfang an nur fleischlose Nahrung serviert. „Dies ist den Eltern vorab bekannt und wird daher auch akzeptiert“, betont Wunschik. Überdies empfehle die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, den Kindern maximal einmal pro Woche Fleisch anzubieten. Davon abgesehen sei hochwertiges Fleisch teuer. Das Mittagsessen solle aber bezahlbar bleiben und von guter Qualität. „Aus diesen Gründen und aus Überzeugung der Fachkräfte vor Ort verzichten wir in den städtischen Krippengruppen komplett auf Fleisch“, sagt Wunschik.

Aus den gleichen Gründen stehe in den Kindergärten Lauerbäumle und Kunterbunt, die beide Ganztagskitas seien, ausschließlich vegetarische Kost auf dem Speisenplan. „Die Akzeptanz bei den Eltern ist hoch, zumal ein Teil der Kinder dies sowieso schon aus der Krippe kennt“, erklärt die Erste Beigeordnete.

Was Fachleute von einer vegetarischen Ernährung halten

Abwechslungsreich
Spricht etwas dagegen, wenn Kinder komplett auf Fleisch verzichten? Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) sagt: Nein – sofern der Speiseplan abwechslungsreich gestaltet wird und zumindest Eier und Milchprodukte verzehrt werden, man also auf eine ovo-lacto-vegetarische Ernährung setzt. Ein solcher Speiseplan sei gesundheitsfördernd und könne als Dauerkost auch für Kinder und Jugendliche empfohlen werden.

Eisenzufuhr
Die DGE hebt hervor, dass dabei auf die regelmäßige Verwendung von Vollkorngetreide und Hülsenfrüchten zu achten sei, „die neben Protein auch Eisen und Zink liefern“. Über Nüsse könnten ungesättigte Fettsäuren aufgenommen werden. Ein besonderes Augenmerk solle zudem auf eine höhere Eisenzufuhr und die Kombination von eisenreichen und Vitamin-C-reichen pflanzlichen Lebensmitteln gelegt werden, beispielsweise Vollkornbrot mit Paprika oder Orangensaft. Generell senke eine pflanzenbetonte Ernährung mit einer hohen Zufuhr von ballaststoffreichen Getreideprodukten sowie Gemüse und Obst viele Krankheitsrisiken, zum Beispiel für Herz-Kreislauf-Krankheiten oder Diabetes mellitus Typ 2. Ein hoher Anteil an rotem Fleisch und Fleischerzeugnissen in der Ernährung erhöhe die Gefahr, unter anderem an bestimmten Krebsarten zu erkranken.