Eine Berliner Firma will nachhaltige Mode in die Boutiquen bringen. Um in Kontakt mit den Einzelhändlern zu kommen, tourt sie mit Pop-up-Stores durch die Republik. Doch die Händler in Ludwigsburg wirken desinteressiert.

Politik: Lisa Kutteruf (lis)

Ludwigsburg - Eine blonde Frau tritt aus der Umkleidekabine. Sie trägt einen eng anliegenden, taillierten Mantel in schwarz. „Wow“, sagt ihre Freundin. Einige andere Frauen sind stehen geblieben und nicken anerkennend. „Das sieht umwerfend aus“, sagt eine, während sich die Frau im Mantel hin und her dreht. Ob sie das Kleidungsstück kaufen wird?

 

Die Frauen stehen in der Ludwigsburger Musikhalle, umgeben von zahlreichen Kleiderständern. Fashion Exchange (FAEX), ein Unternehmen aus Berlin, hat die Halle an diesem Mittwoch zu einem Pop-up-Store umfunktioniert, also einem Laden auf Zeit. An den Ständern baumelt Mode von etwa 100 verschiedenen Designern. Es gibt schicke Kleider und Röcke, Bomberjacken in schillernden Farben, aber auch Mäntel im Funktionslook oder handgemachte Taschen. Der Großteil der Kleidung ist Damenmode. Ludwigsburg ist nur eine Station des Unternehmens, das mit der Kleidung zur Zeit durch Deutschland tourt.

Kleidung soll zwischen den Läden rotieren

Fair produzierte und qualitativ hochwertige Mode liegt im Trend. Gleichzeitig gibt es zahlreiche inhabergeführte Labels, die sich schwer tun, ihre Produkte zu vermarkten – und Innenstädte, die vom Ladensterben und den immer gleichen Modeketten geprägt sind. Hier setzt die Geschäftsidee von FAEX an. Das Unternehmen will nachhaltige Mode von verschiedenen Designern kombinieren und in die Boutiquen der Innenstädte bringen.

„Wir wollen mit dem Einzelhandelsverband kooperieren“, sagt der Geschäftsführer von Fashion Exchange, Ingo Müller-Dormann. Seine Vision: Eine App, die alle Designer und Produkte anzeigt, mit denen FAEX zusammenarbeitet. Die Einzelhändler sollen mit der App Kollektionen anfordern können, die in ihr Konzept passen. Die Klamotten könnten dann von Einzelhändler zu Einzelhändler rotieren, sodass die Boutiquen keine Angst haben müssten, auf der Ware sitzenzubleiben. Inter-essierte Kunden wiederum könnten über die App Kleidungsstücke anfordern, die dann in die Boutiquen geliefert würden.

Nur wenige Einzelhändler sind gekommen

So könnten nach Müller-Dormanns Vorstellung alle profitieren: Die Designer, die ihre Produkte verkaufen, die Einzelhändler und Fashion Exchange, die eine Marge erhalten – und die Kunden, die in den Innenstädten eine Alternative zur Ware von der Stange bekommen.

Um in Kontakt mit den Boutiquen zu treten, hat Müller-Dormann zahlreiche Ladeninhaber aus Ludwigsburg persönlich eingeladen, wie er erzählt. „Leider sind nur wenige gekommen“, bedauert er am Abend. Der neue Ludwigsburger Citymanager Markus Fischer weiß zwar von dem Pop-up-Store, steckt aber mitten in den Vorbereitungen des Kastanienbeutelfestes und hatte noch keine Zeit, sich mit dem Thema zu befassen, wie der Citymanager auf Anfrage mitteilt. Unter den wenigen Händlern in der Musikhalle ist Claude Jaudes, der Inhaber des Bekleidungsgeschäfts Chacha-Store in der Seestraße. „Das Grundkonzept ist spannend“, sagt er, „aber wir müssen abwarten, ob das umsetzbar ist.“

Zwei Designer aus Stuttgart

Auch die Kunden lassen auf sich warten. Tagsüber gehen wenige Menschen, durch die Musikhalle, erst gegen 19 Uhr wird es voller – und viele kaufen etwas. Jugendliche sucht man vergeblich. Müller-Dormann vermutet, dass dies auch mit den Preisen zusammenhängen könnte. „Zwischen 100 und 1000 Euro kosten die meisten Kleidungsstücke“, sagt er.

Mit Jacob Leander Bach und Lisa Gordikowa sind zwei Designer aus Stuttgart vertreten. Aus Gordikowas Nadel stammt der schwarze Mantel, der in der Musikhalle so viele Blicke auf sich zieht. Die blonde Frau kauft ihn nicht – zumindest nicht an diesem Tag. Die endgültige Entscheidung stehe noch aus, sagt sie, schließlich sei Gordikowas Laden nicht weit.