In der StZ-Reihe „Theater X Wirklichkeit“ diskutieren Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und der Chef des Richterbundes Jens Gnisa am 4. Februar über die Schwächen des Rechtsstaats.

Stuttgart - Einbruch ist ein lohnendes Geschäft. Vier von fünf Tätern kommen ungeschoren davon. Fast eine Million Fälle bleiben jedes Jahr unaufgeklärt. Und das ist nicht das einzige Beispiel, das geeignet wäre, das Gerechtigkeitsempfinden zu strapazieren. 100 000 Haftbefehle werden nicht vollstreckt, weil die Polizei unterbesetzt ist. 230 000 Ausländer, die zur Ausreise verpflichtet wären, halten sich illegal in Deutschland auf. Ist der Staat nicht mehr im Stande, Recht und Ordnung zu garantieren? Wie stark ist der Rechtsstaat (noch)?

 

Über solche Fragen diskutiert am 4. Februar die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mit dem Vorsitzenden des Deutschen Richterbundes, Jens Gnisa, im Rahmen der Gesprächsreihe „Theater X Wirklichkeit“. Diese Reihe im Schauspielhaus veranstaltet die Stuttgarter Zeitung gemeinsam mit der Bosch-Stiftung und dem Staatstheater. Das Gespräch beginnt um 11 Uhr und wird von den StZ-Redakteuren Rainer Pörtner und Armin Käfer moderiert.

Polizisten haben 22 Millionen Überstunden angehäuft

„Das Ende der Gerechtigkeit“ malt Gnisa, Direktor des Amtsgerichtes Bielefeld, in seinem 2017 erschienenen Buch (Untertitel: „Ein Richter schlägt Alarm“) an die Wand, das über Wochen in den Bestsellerlisten rangierte. Auch die frühere Ministerin schlägt Alarm: Die Justiz sei „teilweise überlastet“, vielerorts das „Personal zu knapp“, so lautet ihr Befund. Rechtsstaatliche Standards drohten zu bröckeln.

Die Fakten sprechen für sich: Die Gewerkschaft der Polizei beklagt, dass ihre Kollegen in Uniform 22 Millionen Überstunden angehäuft hätten. Laut Richterbund fehlen 2000 Richter und Staatsanwälte deutschlandweit. Ein Drittel der Ermittlungsverfahren werden eingestellt, weil die zuständigen Behörden überlastet sind. Bei den Verwaltungsgerichten sind fast 300 000 unerledigte Asylverfahren anhängig.

Bei der Cyberkriminalität sind die Täter klar im Vorteil

„Wir sind am Ende“, beklagen die Strafkammern des Berliner Landgerichts in einem offenen Brief. Untersuchungshäftlinge müssten entlassen werden, weil sich die Verfahren wegen Personalnot zu sehr in die Länge ziehen. Das Problem hat auch Leutheusser-Schnarrenbergers Nachfolger, der amtierende Justizminister Heiko Maas (SPD), erkannt. Er fordert ein „Bündnis für den Rechtsstaat“, um Tausende zusätzlicher Stellen zu schaffen.

Die Misere hat aber noch mehr Dimensionen: Polizei und Justiz sind für Cyberkriminalität nur unzureichend gerüstet. Zudem befürchten viele, dass Schiedsgerichte, wie sie in Handelsabkommen vorgesehen sind, den Rechtsstaat aushebeln. Und die Flüchtlingskrise führte vor Augen, wie dehnbar internationales Recht ist, wie unverbindlich gemeinsame EU-Regeln.

So kommt man an Karten

Das Gespräch über die Frage „Wie stark ist der Rechtsstaat (noch)?“ mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Jens Gnisa findet am Sonntag, dem 4. Februar, im Schauspielhaus Stuttgart statt (Oberer Schlossgarten 6). Es beginnt um 11 Uhr.

Karten zum Preis von fünf Euro können ab sofort telefonisch unter 07 11 / 20 20 90, über www.schauspiel-stuttgart.de oder an der Tageskasse erworben werden. Beim Onlineverkauf fällt eine Gebühr von einem Euro an.