In Stuttgart werden inzwischen bei fast allen größeren Projekten die Anwohner einbezogen. Beispiele dafür sind gerade ganz aktuell der Bürgerhaushalt oder die gut besuchten Workshops zum Schwanenplatz in Berg im vergangenen Jahr. Aber die Kapazitäten der Ämter sind begrenzt.

Stuttgart - In Stuttgart wird es inzwischen fast als selbstverständlich angesehen, dass die Einwohner in politische Prozesse und Planungen aller Art einbezogen werden. Egal ob beim neuen Innenministerium in Mitte, beim „Wohnen an der Roten Wand“, beim Schwanenplatz in Berg oder bei den Sanierungsgebieten in Stuttgart-Ost, überall gab es Workshops und Infoveranstaltungen meist mit sehr großer Beteiligung der Einwohner. Aber für die beteiligten Ämter und vor allem die ehrenamtlichen Bezirksvorsteher der fünf Innenstadtbezirke sind solche Veranstaltungen immer ein Kraftakt, auch in finanzieller Hinsicht.

 

Der Stadtbezirk Stuttgart-Ost hat dank des Engagements von Bezirksvorsteher Martin Körner in den vergangenen zwei Jahren eine Vorreiterrolle beim Thema Bürgerbeteiligung übernommen. Angefangen hatte Körner gleich zu Beginn seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Ost-Bezirksvorsteher mit der Wiederbelebung der Runden Tische in den einzelnen Stadtteilen, bei der Entwicklung der verschiedenen Sanierungsgebiete im Osten bezogen er und die Stadtplaner die Anwohner von Anfang an ein. Die beiden außerordentlich gut besuchten Workshops zur Gestaltung des Schwanenplatzes in Berg waren sicher ein Höhepunkt des Beteiligungsprozesses.

Der Workshop in Berg hat 12 700 Euro gekostet

Möglich war das nur, weil das Stadtplanungsamt, der Bezirksbeirat und der Verein Berger Bürger an einem Strang zogen. Und weil der Bezirksvorsteher zu der Zeit in Elternzeit und so flexibler war, als wenn er Vollzeitbeschäftigter gewesen wäre. Insgesamt kostete die Veranstaltung 12 700 Euro, allein die Honorare für die drei eingeladenen Planungsbüros schlugen mit 10 700 Euro zu Buche, was schon ein Freundschaftspreis war, wie es Körner ausdrückt. Über die dafür benötigte Arbeitszeit der Mitarbeiter in der Planungsabteilung Mitte, der Berger Bürger und von Körner selbst hat niemand Buch geführt. Körner, der inzwischen wieder halbtags in der Geschäftsstelle der SPD-Landtagsfraktion arbeitet, sagt: „Jetzt wäre es schon schwieriger für mich, das umzusetzen.“

Ein anderes großes Beteiligungsprojekt war der Workshop „Wohnen an der Roten Wand“ in Stuttgart-Nord. Die Pressestelle der Stadt beschreibt den Aufwand so: „Zwei Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes waren zwei Wochen ausschließlich mit Herstellung, Abstimmung und Verteilung von Flyern und Einladungen sowie mit Absprachen beschäftigt. Die Kosten der ganztägigen Veranstaltung lagen bei 14 000 Euro.“ Eine Infoveranstaltung zum Sanierungsgebiet Stöckach kostete 3000 Euro. Der Betrag setzt sich aus den Kosten für das städtische Personal und die Einladung, der Hallenmiete und dem Honorar für einen Modernisierungsbetreuer zusammen.

Im Hospitalviertel ist immer ein Vertreter der Stadt dabei

Der zuständige Bürgermeister für Städtebau und Umwelt, Matthias Hahn, sagt zu dem Thema: „Es ist mehr geworden. Meine Leute sind ziemlich viel in der Stadt unterwegs.“ Das sei auch der Grund dafür gewesen, dass das Stadtplanungsamt vor einiger Zeit bei den Stellenstreichungen in der Stadtverwaltung vier Stellen behalten durfte, gerade um bei den vielen Veranstaltungen in den Stadtbezirken – von Bezirksbeiratssitzungen bis eben zu großen Workshops – präsent zu sein. Hahn sagt aber auch: „Der Dialog mit den Bürgern hat aber auch Grenzen. Und die liegen ganz einfach bei der schieren Kapazität der Beteiligten.“ Das Stadtplanungsamt habe ein gestaffeltes, differenziertes System für die Bürgerbeteiligung entwickelt, sagt Hahn. Wenn nach Einschätzung der Planer beispielsweise ein Gestaltungsprojekt unproblematisch sei und seinen ganz normalen Gang nehme, würden keine zusätzlichen Infoveranstaltungen über die ohnehin in öffentlichen Sitzungen gegebenen Informationen hinaus eingeplant. Im Fall des Hospitalviertels dagegen gebe es Veranstaltungen, und es sei immer ein Vertreter des Stadtplanungsamtes zugegen.

Nicht immer werden Beteiligungsmöglichkeiten von den Stuttgartern aber auch tatsächlich genutzt. Vor dem Bau des neuen Innenministeriums beispielsweise, erzählt Hahn, habe es eine Veranstaltung mit Vertretern der Stadt, des Landes und sogar mit dem eigens aus Berlin eingeflogenen Architekten des Neubaus gegeben. Hahn: „Aber es ist kein Bürger gekommen. Das ist manchmal ganz schwer im Vorfeld einzuschätzen.“