Die neue Corona-Verordnung macht es möglich: Die Narren können nach regionaler Absprache feiern. Aber sie müssen die 3G-Regel einhalten – wie auch ihre Zuschauer.

Stuttgart - Die Fasnachtsfreunde können aufatmen – zumindest teilweise. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat angekündigt, dass die Coronaregeln im Land Mitte der kommenden Woche geändert werden. „Als leidenschaftlicher Fastnachtsnarr“ verkündete Kretschmann am Freitag im Landtag: „Veranstaltungen zur Pflege des örtlichen Fasnet-Brauchtums sind in Absprache mit den zuständigen Behörden unter der 3G-Regel möglich.“

 

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Umzüge hatte Kretschmann kürzlich noch ausgeschlossen. In Alarmstufen seien sie nicht erlaubt. Von Mitte der Woche an wird aber in Baden-Württemberg voraussichtlich die Warnstufe gelten. Auch die Obergrenzen für Veranstaltungen werden erhöht – drinnen voraussichtlich auf maximal 6000 Personen bei einer Auslastung von höchstens 60 Prozent, draußen auf 25 000 Besucher auf 75 Prozent der Plätze.

Voraussetzung: 3G-Regel

Voraussetzung auch für Fasnetsveranstaltungen im Freien ist, dass die 3G-Regel eingehalten wird, betonte eine Regierungssprecherin. Es müsse gewährleistet sein, dass die Vorgaben kontrolliert werden könnten. Denkbar wäre das in einer abgesperrten Umgebung mit geregeltem Zugang.

Narrensprung in Rottweil

Die Rottweiler Narrenzunft hat bereits angekündigt, dass sie bestimmte Programmpunkte auf abgesperrten Plätzen veranstalten will. Beim traditionellen Narrensprung solle die Zahl der Teilnehmer wie die der Zuschauer begrenzt werden. Für die Zuschauer werde es Eintrittskarten geben.

Für Narren wie für alle anderen gilt im Einzelhandel und in öffentlichen Verkehrsmitteln weiterhin Maskenpflicht. In der Warnstufe ist in der Gastronomie und bei Veranstaltungen sowie in Kultur, Freizeit, bei Messen oder körpernahen Dienstleistungen die 3G-Regelung vorgesehen. Clubs und Diskotheken können unter strengen Bedingungen wieder öffnen, im Einzelhandel sind keine Nachweise mehr nötig.

Neue Grenzwerte

Die Werte für die Warnstufe beziehungsweise die Alarmstufe werden nach oben gesetzt. Die bisher höchste Stufe, die Alarmstufe II, wird gestrichen. Die Alarmstufe soll in Zukunft bei einem Hospitalisierungsindex von 15 (statt bisher 3) und bei 390 oder mehr Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen gelten. Die Warnstufe wird angesetzt bei einem Hospitalisierungsindex von 4 (bisher 1,5) oder bei 250 und mehr Covid-Intensivpatienten. Zurzeit liegt der Hospitalisierungsindex in Baden-Württemberg bei 8. Von den Intensivbetten sind dem Bericht des Landesgesundheitsamt zufolge 286 von Corona-Patienten belegt.

Bei allen Lockerungen und einer erwartbaren Entspannung im Sommer mahnte Kretschmann am Freitag, „wir müssen uns darauf einstellen, dass im Winter mit einer weiteren Welle zu rechnen ist“. Er rief erneut zum Impfen auf und plädierte für eine allgemeine Impfpflicht und die Einführung eines Impfregisters.

Der Regierungschef verwies darauf, dass Baden-Württemberg sich zusammen mit Hessen bei dem Bund-Ländertreffen in einer Protokollerklärung für ein solches Register eingesetzt habe.

SPD staunt über Sondervoten

Die zahlreichen Protokollerklärungen Baden-Württembergs bei den Bund-Ländertreffen findet Andreas Stoch (SPD) auffällig. Er fragte, ob Corona zu einer parteipolitischen Sache werde. Kretschmann erinnerte er daran, dass die Grünen inzwischen im Bund mitregieren: „Sie sind gar nicht bei der CDU, Sie sind bei den Grünen.“ Er ließ auch die Kontroverse zwischen CDU und Grünen im Land um die einrichtungsbezogene Impfpflicht aufleben. „Das peinliche Gezerre“ wecke „erhebliche Zweifel an der Handlungsfähigkeit dieser Regierung“, rief Stoch.

In der Coronapolitik des Landes sei keine Strategie erkennbar, kritisierte Stoch. Kürzlich habe Kretschmann eine Exitdebatte vor Ostern noch ausgeschlossen, jetzt ziehe er die zweite Stufe des Öffnungsplans von Bund und Ländern vor. „Das macht es den Menschen immer schwerer, die Politik der Pandemiebekämpfung zu verstehen“, so Stoch.

SPD bringt die CDU auf die Palme

Das brachte CDU-Fraktionschef Manuel Hagel auf die Palme. Der Vorwurf, die CDU betreibe bei der Debatte um die sektorale Impfpflicht parteitaktische Spielchen sei „brandgefährlich“, wetterte er gegen Stoch. Er verwies auf offene Fragen bei der Impfpflicht und betonte, „die Umsetzung muss klappen“.

Hans-Ulrich Rülke (FDP) lehnt die Forderung Kretschmanns nach einem Fortbestehen des Bundesinfektionsschutzgesetzes über den 19. März hinaus rundweg ab, „wir brauchen keinen Instrumentenkasten“. Auch eine allgemeine Impfpflicht hält er für „nicht durchsetzbar“. Dies lehnt auch die AfD ab, ebenso wie die Maskenpflicht. „Die Maske ist ein Zeichen von Unfreiheit“, sagte ihr Fraktionschef Bernd Gögel.