Bei der dritten Veranstaltung der Reihe „Zukunft Bad Cannstatt“ konnten sich die Bürger aktiv mit Ideen, Wünschen und Visionen einbringen. Experten rieten ihnen zu Mut für Veränderung und keiner „Früher war alles besser“-Mentalität.

Woody Allen hat einmal gesagt: „Ich denke viel an die Zukunft, weil das der Ort ist, wo ich den Rest meines Lebens verbringen werde.“ Geht es nach Martina Baum, müssten sich alle Bad Cannstatter diese Denkweise des Regisseurs zu eigen machen. Mit einer „Früher war alles besser“-Mentalität lasse sich die Zukunft jedenfalls nicht gestalten, sagte die Stadtplanerin der Universität Stuttgart bei der dritten Veranstaltung der Reihe „Zukunft Bad Cannstatt“ am vergangenen Dienstag. „Damit Bad Cannstatt zukunftsfähig ist, braucht es Bürger, die sich einbringen.“ Eine Stadt sei immer die Kombination aus den baulichen Elementen und den Menschen, die darin leben, erklärte die Direktorin des Städtebauinstituts, die selbst seit einem Jahr im Bezirk wohnt.

 

Im „World Café“ bringen die Bürger ihre Ideen ein

Dass sie sich einbringen wollen, haben die knapp 200 Teilnehmer der vierteiligen Zukunftswerkstatt am selben Abend bewiesen. Bei einem sogenannten World Café konnten sie an fünf Stationen zu den Themen Arbeit und Wirtschaft, Städtebau und Wohnen, Bürgerschaft, Freizeit und Kultur sowie Mobilität ihre Ideen, Wünsche und Visionen einbringen.

An jeder Station schrieben die Bürger auf, was es zum Thema bereits gibt, was gestärkt werden sollte und was sie sich künftig neu wünschen. In Sachen Mobilität fordern sie zum Beispiel eine Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs und vielleicht ein Ruftaxi für abgelegene Stadtteile. An der Station Bürgerschaft kristallisierte sich schnell heraus, dass gute Nachbarschaft und Vereinsleben in Bad Cannstatt bereits ganz gut funktionieren, dass es aber noch besser ginge, etwa durch mehr Kommunikation der Vereine untereinander, die bessere Integration ausländischer Vereine oder mehr Treffpunkte für Familien.

Cannstatt braucht „Stil, Flair und einen Wow-Effekt“

In Sachen Freizeit und Kultur wünschen sich die Cannstatter ein Café im Kurpark, ein Kino und eine bessere Darstellung der römischen Geschichte im Hallschlag. Beim Thema Arbeit und Wirtschaft waren sich alle einig, dass die Industrie, lokale Produkte wie der Wein und die Tradition als Kurort auch künftig eine große Rolle spielen müssen. In Sachen Städtebau und Wohnen ist der Wunsch nach Wohnraum am Neckar groß, ein Bürger erhofft sich mehr „Stil, Flair und einen Wow-Effekt“, wie er notierte.

Bei allen Ideen müsse beachtet werden, wie sich die Gesellschaft verändert, sagte Levent Günes von der Abteilung Integration der Stadt Stuttgart in seinem Vortrag. In der Landeshauptstadt hätten 42 Prozent der Menschen einen Migrationshintergrund, in Bad Cannstatt mehr als die Hälfte aller Bürger und 70 Prozent der Kinder. „Einheit durch Vielfalt“ laute das neue Motto. Steffen Baum vom Fraunhofer-Institut rief zu Mut auf. In der Vergangenheit habe es stets Misstrauen gegeben – auch bei Innovationen, die für uns heute selbstverständlich seien wie die Kanalisation. Veränderung sei nicht aufzuhalten, sagte der Ingenieur, der die Stadt von Morgen erforscht. „Wir müssen uns trauen, die Zukunft zu gestalten.“.

Einst wollten die Menschen auch keine Kanalisation

Keine Scheu vor Veränderung zeigten die Schüler des Gottlieb-Daimler-Gymnasiums, die sich mit Kurzgeschichten über ihre Vorstellung von Bad Cannstatt im Jahr 2030 für den ausgelobten Zukunftspreis beworben hatten. Magnetische Seil- statt Stadtbahnen, eine Alkoholbeschränkung auf dem Wasen – die Ideen waren grenzenlos. Erste wurde Anna Seyfried (200 Euro), Betül Can wurde Zweiter (100 Euro), Miriam Münzberger Dritte (50 Euro).