Das Tischtuch zwischen Präsident Thomas Bopp und Direktorin Nicola Schelling ist längst zerschnitten. Schon seit Langem schwelt der Konflikt. Jetzt kam es im Ältestenrat zum großen Showdown.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Seit langem schwelt hinter den Kulissen des Verbandes Region Stuttgart ein Machtkampf zwischen dem Regionalpräsidenten Thomas Bopp (CDU) und der Regionaldirektorin Nicola Schelling, die seit zwei Jahren im Amt ist. Im Kern geht es um diesen Punkt: Schelling ist der Ansicht, dass Bopp seine Kompetenzen in der äußeren und inneren Repräsentation massiv überschreitet. Nun ist es am Dienstag zum Showdown gekommen – in einer Sitzung des Ältestenrates kam das Thema erstmals offen zur Aussprache.

 

Die anwesenden Regionalräte schweigen eisern darüber, was sich in der Sitzung abgespielt hat. Dennoch hört man, dass Nicola Schelling ihr Ziel, Unterstützung zu erhalten, nur bedingt erreicht habe. Vielmehr hätten die Fraktionen auch Kritik an ihr geäußert. Schelling hatte zuvor in einer Brandmail die Vorsitzenden der Fraktionen alarmiert und mitgeteilt, dass sie so nicht weitermachen könne. Die FDP, die der Direktorin immer den Rücken gestärkt hat, schlug vor, einen Mediator einzuschalten. Eine konkrete Absprache, wie es nun weitergehen soll, sei aber letztlich nicht getroffen worden.

Doppelspitze ist ein rechtlich schwieriges Konstrukt

Was steht hinter diesem Konflikt? Zunächst ist die Doppelspitze des Regionalverbandes tatsächlich ein rechtlich schwieriges Konstrukt, weil die Abgrenzungen fließend sind. Nach dem Verbandsgesetz ist der Direktor die stärkere Person, weil er den Verband nach außen vertritt, die Verwaltung leitet und die Beschlüsse der Regionalversammlung vollzieht. Gleichzeitig leitet aber der ehrenamtliche Präsident die Regionalversammlung und die Ausschüsse, bereitet die Tagesordnung vor – und ist Dienstvorgesetzter des Direktors.

So funktioniert die Doppelspitze eigentlich nur, wenn die zwei Personen miteinander können. In der Vergangenheit kam es immer wieder zu verschiedenen Konstellationen. Bernd Steinacher, der erste Regionaldirektor, hat seine Kompetenzen stark genutzt, die Präsidenten waren „unter“ ihm beinahe nur Grüßgottonkel. Der einzige Präsident, dem dies nicht passte, Helmut Xander, warf nach kurzer Zeit hin.

Doch die Zeiten haben sich gewandelt. Der Regionalverband hat schon eine Führungskrise hinter sich, weil die frühere Regionaldirektorin Jeannette Wopperer lange krank war. Thomas Bopp hatte die Gesamtleitung übernommen und einen guten Job gemacht; so entwickelte er sich zum starken Mann, der nun diese Position halten will. Er spiele sich wie der Chef auf, sagen die, die ihm nicht wohlgesonnen sind.

Viele Regionalräte sind mit der Direktorin unzufrieden

Doch allem Anschein nach hat Schelling in der Regionalversammlung derzeit nicht die Position, ihre Haltung durchzusetzen. Denn sie steht selbst in der Kritik. So hält die Mehrheit der Gremien ihren Führungsanspruch für überzogen – Nicola Schelling hat auch versucht, ein Mandat in allen regionalen Aufsichtsräten zu erhalten, und sie wollte die Wirtschaftsförderung als Tochter enger an sich binden. Sie wolle die Region stark vertreten, das sei ihr Auftrag im Gesetz, sagt Schelling; man müsse Vertrauen in die Mitarbeiter haben, sagen ihre Kritiker. Daneben kreiden ihr Regionalräte an, dass sie gegen vielfachen Rat einen amerikanischen Tesla als Dienstwagen angeschafft hat und nicht einen Mercedes. Das gehöre sich nicht für eine Regionaldirektorin. Schelling argumentierte, sie habe einen Impuls setzen wollen; die regionalen Autobauer müssten sich in Sachen Elektromobilität mehr anstrengen.

Vor allem aber sind viele Regionalräte enttäuscht, weil Nicola Schelling auch nach zwei Jahren Amtszeit kaum eigene thematische Akzente gesetzt habe. Ihr fehle das politische Gespür, sie bleibe in den Sitzungen blass. Wenn sie gezeigt hätte, so sagt einer, dass sie es besser kann als Bopp, dann hätte sich der Konflikt von selbst erledigt. Doch Führungsanspruch und Führungsrolle klafften auseinander.

Pikant an der Sache ist, dass Thomas Bopp selbst es war, der Nicola Schelling vor zwei Jahren zu einer Bewerbung aufgefordert hatte – dabei hatte es damals schon dezente Zweifel gegeben. Die Juristin leitete zuvor das Europareferat in der baden-württembergischen Landesvertretung in Brüssel. Heute reden Bopp und Schelling kein Wort mehr miteinander und setzen sich auseinander, wenn sie bei einer Besprechung versehentlich nebeneinander platziert werden. Wie es weitergeht, ist offen. Die Amtsperiode von Nicola Schelling läuft noch sechs Jahre. Als Beamtin würde sie Ansprüche verlieren, wenn sie zurückträte; umgekehrt hat die Regionalversammlung keine Möglichkeit, Schellings Amt zu beenden. Insofern sind eigentlich beide Seiten aufeinander angewiesen. Und nach der Sitzung sieht es so aus, als ob sich alle noch mal zusammenraufen wollten.