Calcio kassiert trotz Feldüberlegenheit und bester Torchancen die nächste Niederlage. Nach dem 0:3 in Ehingen gilt nun vor allem ein Spieler als Hoffnungsträger.

Lokalsport : Franz Stettmer (frs)

Ehingen-Kirchbierlingen - An Symbolträchtigem hat es nicht gefehlt. Das Spiel war bereits gute zehn Minuten beendet, als Ugur Capar immer noch flach wie eine Flunder auf dem Rasen lag. Eineinhalb Stunden lang hatte der Flügelflitzer die linke Angriffsseite sprintend und dribbelnd beackert. Nun ging nichts mehr. Krämpfe durchzuckten seine Beine. Nebenan befand sich der Mannschaftskollege Dimitrios Vidic beim Auslaufen und sah aus, als hätte er vergessen, die Faschingsmaskerade abzulegen. Auf die Schnelle hatte ihm das Betreuerteam ein Konstrukt aus Mullbinden und Pflastern über die heftig blutende Nase modelliert.

 

Nein, den Vorwurf, nicht alles gegeben zu haben, konnte man den Verbandsliga-Fußballern von Calcio Leinfelden-Echterdingen diesmal wahrlich nicht machen. „Die Jungs haben die Zähne gezeigt. Sie haben gekämpft bis zum Umfallen“, sagte der Trainer Francesco Di Frisco. Der Haken dabei: gebracht hat es abermals nichts. Gemessen am betriebenen Aufwand, an Spielanteilen und an erarbeiteten Tormöglichkeiten, war das Ergebnis in der Partie beim SSV Ehingen-Süd ein Schlag ins Gesicht. Unter dem Strich stand ein 0:3, wonach die Echterdinger Bilanz seit der Winterpause nun lautet: drei Auftritte, null Punkte. Auch wenn es in den Goldäckern den meisten noch immer wie aus einem falschen Film vorkommen mag – spätestens am Samstag hat für den vormals vermeintlichen Spitzenanwärter der Abstiegskampf begonnen. Die mit so großen Ambitionen eingeleitete Saison entwickelt sich mehr und mehr zu einer Enttäuschung.

Problem Chancenverwertung

Was die Dinge für die Verantwortlichen erschwert, ist die Tatsache, dass sich die Ursachen nicht auf einen gemeinsamem Nenner bringen lassen. War es in Heiningen die Einstellung und gegen Tübingen ein Mangel an Kreativität, ein gegnerisches Abwehrbollwerk zu knacken, so scheiterte Calcio diesmal zuvorderst an der Chancenverwertung. Kaum zu glauben, aber wahr: ausgerechnet dieses mit so viel Offensivpotenzial gesegnete Ensemble trifft das Tor nicht mehr. „Es ist brutal, was wir an Gelegenheiten vergeben haben“, stöhnte Di Frisco.

Und in der Tat: schon Mitte der ersten Hälfte übernahmen die Seinen auf dem Platz das Kommando. In der zweiten, von da an mit dem böigen Wind im Rücken, lief das Spiel dann fast nur noch in eine Richtung: Angriff über Angriff rollte auf den Ehinger Keeper Benjamin Gralla und dessen mit einer Fünferkette verteidigenden Vorderleute zu. Vor allem die Erwähnten Capar und Vidic erwiesen sich über die Außenbahnen als Triebfedern. Allein: von Angriff zu Angriff wuchs auch die Echterdinger Fassungslosigkeit. Mal stand eben Gralla im Weg, einer von drei Akteuren im gegnerischen Team mit Ulmer Regionalliga-Vergangenheit. Mal war es Pech wie bei Terry Offeis Lattenschuss oder Gentian Lekajs Versuch aus spitzem Winkel, der nur um Zentimeter am Ziel vorbeirauschte. Und mal blieb nichts anderes übrig, als an diesem Tag dann Unvermögen zu konstatieren: Zuletzt brachten Lekaj und Bastian Joas das Kunststück fertig, unbedrängt im Strafraum den jeweils einzigen Gegenspieler auf der Torlinie anzuschießen.

Der Ersatzmann im Tor rutscht aus

Vollends fatal wurde diese Serie des Scheiterns dadurch, dass der Gegner bei seinen vergleichsweise sporadischen Vorstößen mit einer umso kühleren Effizienz aufwartete. Ein Doppelschlag in den letzten drei Minuten vor der Pause stellte die Weichen zum Heimsieg der Mannschaft des einstigen VfB-Profis Michael Bochtler. Erst versäumte es Shaban Ismaili, seinen Gegner am Flanken zu hindern, und drückte Hannes Pöschl den Ball zum 0:1 ins Netz. Darauf blies eine weitere Böe die Kugel im hohen Bogen über die aufgerückte Echterdinger Abwehr und schob Timo Barwan das Spielgerät ins leere Tor. Leer, weil der bei seinem Punktspieldebüt für den Filderclub aus dem Kasten eilende Melvin Tullo wegrutschte. Der 20-Jährige vertrat zwischen den Pfosten den grippekranken Henning Bortel. Letzterer musste ebenso passen wie der in der Winterpause als neuer Mittelfeldchef verpflichtete José-Alex Ikeng (Oberschenkelzerrung).

Hoffnungsträger Häcker

Dass Tullo am Ende durch einen satten Schuss von Noah Gnandt auch noch ein drittes Mal das Nachsehen bekam? Geschenkt. Zu diesem Zeitpunkt war bei Calcio längst bereits ein anderer zum nun großen Hoffnungsträger herangereift. Die Rede ist vom Dauerpatienten der vergangenen Monate, vom eigentlichen Torjäger Sascha Häcker. Jener hat in dieser Saison wegen diverser Blessuren erst sechs Spiele bestritten – soll nun am nächsten Wochenende in Löchgau aber erstmals wieder zum Aufgebot gehören. „Einen wie ihn brauchen wir jetzt“, sagte Di Frisco..

Für Tore. Für eine Trendwende. Für Punkte zum mittlerweile notgedrungen neu formulierten Ziel Klassenverbleib. Und dafür, dass künftig wieder etwas anderes als blutende Nasen Symbolcharakter bekommt. Zum Beispiel die goldenen Rückennummern auf den Calcio-Trikots. Aktuell waren die dummerweise erneut das Einzige, was bei den Echterdingern schließlich glänzte und strahlte.

SSV Ehingen-Süd:
Gralla – Gnandt, Deiss, Daur, Sameisla, Hess – Pöschl (89. Vöhringer), Sutalo (33. Schleker), Sapina, Barwan (70. Akhabue) – Telalovic.

Calcio Leinfelden-Echterdingen:
Tullo – Vidic, Biljeskovic (74. Bäuerle), Zweigle, Gerber – Pranjic – Ismaili (64. Joas), Avdiu (69. Offei), Candan (80. Syla), Capar – Lekaj.