„Der Vorfall ist absurd“, findet Thorsten Strotmann und räumt doch einen Fehler ein. Auf die Justiz ist der Magier nicht wütend, aber auf den TV-Zuschauer, der ihn wegen eines Butterfly-Messers angezeigt hat. Wo der Zauberkünstler an das verbotene Faltmesser kam, hat er uns verraten.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - In der Zitrone steckte die Pik-2 – exakt jene Karte, die SWR-Moderatorin Anna Lena Dörr für ihre TV-Sendung „Expedition in die Heimat“ (zum Anschauen hier der Link zur Mediathek) zuvor aus dem Stapel des Magiers gezogen hatte. Wie war die Karte, die Thorsten Strotmann vor der Kamera freigeschnitten hat, in die geschlossene Frucht gekommen? War die Karte echt? Wie funktioniert dieser Trick? Bisher ist auch die Polizei nicht dahinter gekommen. Nur eines steht fest: Gegen den Zauberer ist fast vier Wochen nach Ausstrahlung im SWR-Fernsehen ein Verfahren eröffnet worden.

 

Ein Zuschauer hat den Künstler angezeigt. Um die Zitrone aufzuschneiden, verwendete der 44-Jährige nämlich ein verbotenes Butterfly-Messer.

Besuch von der Polizei in Strotmanns Theaterbüro

Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Strotmann, der seit sieben Jahren im Römerkastell mit Erfolg ein Theater mit nur sieben Zuschauerreihen führt, dachte, nichts Kriminelles getan zu haben. Beim Verbot des Faltmessers seien doch Theater- und Bühnendarbietungen ausgenommen. Der Magier verweist darauf, dass es im Paragrafen 42a des Waffengesetzes, der das „Verbot des Führens von Anscheinswaffen und bestimmten tragbaren Gegenständen“ regelt, eine Ausnahmegenehmigung für „Foto-, Film- oder Fernsehaufnahmen oder Theateraufführungen“ gibt.

Am Mittwochvormittag hat Strotmann Besuch von „sehr netten Polizeibeamten“ in seinem Theaterbüro im Römerkastell bekommen. Danach sagte er unserer Zeitung: „Ich habe einen Fehler gemacht.“ Er hätte nämlich die Ausnahmegenehmigung, die im Gesetz vorgesehen ist, beantragen müssen. Dies ist nicht geschehen, wie er bedauert.

Die Geschichte will er ins Programm einbauen

Inzwischen hat der Zauberkünstler von seinem Anwalt erfahren, dass ihm eine Geldstrafe drohen kann – 15 bis 30 Tagessätze seien möglich. Andererseits – und darauf hofft der 44-Jährige nun – könne das Verfahren auch eingestellt werden. Denn eine böse Absicht könne man ihm nicht unterstellen.

Über Facebook hat sich bei ihm ein Künstler gemeldet, der ebenfalls ein Butterfly-Messer verwendet hatte. Dieser kam straffrei davon. Über die Justiz, sagt Strotmann, sei er „in keiner Weise“ verärgert. Die Beamten hätten sich vorbildlich verhalten. Nicht so gut zu sprechen ist er auf den Anzeigenerstatter. „Dessen Verhalten ist absurd“, findet der Magier. Seine Vermutung: „Ich glaube, der Zuschauer wollte Polizist oder Staatsanwalt werden und hat es nicht geschafft. Jetzt denkt er, dass er mit seinem fulminanten Justizwissen Recht schafft.“ Strotmann schließt nicht aus, dass dieser Zuschauer zuvor mehrmals in seinem Büro angerufen hat. Vier Telefonate zum Thema Messer gab es. Letztendlich könne er diesem Mann dankbar sein: „Ich werde diese absurde Geschichte in meinem Programm einbauen.“ Kann er also eine mögliche Geldstrafe als Werbekosten abbuchen?

Droht auch dem SWR ein Ermittlungsverfahren?

Gegenüber unserer Zeitung verriet Strotmann, wie er an das Butterfly-Messer gekommen ist: „Vor Jahren habe ich es regulär in einem Stuttgarter Waffenladen für die Bühne gekauft.“ Weil man mit den schwenkbaren Griffhälften so theatralisch wirbeln könne, habe er das sicher aufbewahrte Messer bereits ungezählte Male in den Shows verwendet. Künftig will der Künstler ein Einhandmesser einsetzen, das nicht verboten, sondern erlaubt ist.

Beim Besuch der Polizei erwähnte Strotmann, dass er kürzlich in einem Fernsehkrimi ein Butterfly-Messer gesehen hat. „Kann ich den Schauspieler nun auch anzeigen?“, fragte er. Ja, er könne, hieß es. Dann würde geprüft, ob dem Sender eine Ausnahmegenehmigung erteilt worden ist. Streng nach dem Gesetz könnte auch dem SWR ein Ermittlungsverfahren drohen. Die Macher der Stuttgart-Sendung hatten nichts gegen das verbotene Messer unternommen. Keine Erklärung dazu gab es auf unsere Anfrage bei der Staatsanwaltschaft. Der Sachbearbeiter komme erst am Donnerstag wieder, hieß es.