Wegen der kartellrechtlichen Vorwürfe gegen den Stuttgarter Kühlerhersteller verzögert sich jetzt die Mehrheitsübernahme durch Mahle.

Stuttgart - Die Mitarbeiter des Autozulieferers Behr wurden bereits vor einigen Wochen per Intranet über angebliche Wettbewerbsverstöße informiert. Es sei aber „relativ geräuschlos“ geschehen, sagte ein Betriebsrat. In der Belegschaft sei es kein großes Thema gewesen. Gestern nun wurde die Öffentlichkeit unterrichtet. Auskunftsfreudig war der Kühlerhersteller in beiden Fällen nicht. Behr ist ins Visier der Wettbewerbsbehörden geraten. Die EU-Kommission hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

 

Das Stuttgarter Traditionsunternehmen steht im Verdacht wettbewerbsbeschränkender Verhaltensweisen bei thermischen Systemen für Automobile, teilt Behr mit. Das Unternehmen stellt sowohl Kühlsysteme als auch Klimaanlagen her. Geschäftsräume in Stuttgart seien durchsucht, Unterlagen beschlagnahmt worden, sagt eine Behr-Sprecherin. Die EU-Kommission bestätigte, dass am 22. Mai Unternehmen durchsucht worden seien, Namen wurden nicht genannt. Es handele sich um umfangreichere Ermittlungen. Dabei gehe es nicht nur um Anbieter von Klimatechnik und Motorkühlung, im Visier der Brüsseler sind etwa auch Hersteller von Airbags und elektrische Komponenten. Auch in den USA liefen Ermittlungen gegen Behr, schreibt der Kühlerhersteller.

Um was es konkret geht, wollte eine Behr-Sprecherin mit Verweis auf das schwebende Verfahren nicht sagen. Nach Informationen der „Stuttgarter Nachrichten“ soll Behr mit den Zulieferern Valeo (Frankreich) und Denso (Japan) illegale Preisabsprachen getroffen haben. Die Vorwürfe sollen sich auf die Jahre 2002 und 2009 beziehen. Das Ermittlungsverfahren beziehe sich auf mögliche Vorkommnisse die „deutlich vor der Beteiligung von Mahle an Behr liegen“, schreibt der Kühlerhersteller in der Mitteilung.

Es gibt Verzögerungen in der Übernahme

Im Frühjahr 2010 hat Mahle die Übernahmepläne mitgeteilt. Demnach wollte der Kolbenhersteller Anfang nächsten Jahres die Mehrheit an Behr übernehmen. Daraus wird nun nichts. Der Zukauf verzögere sich, hieß es. Das Ziel, die Mehrheit an Behr zu erwerben und den Konzern voll zu integrieren, werde weiter verfolgt, „jedoch erst nach vollumfänglicher Klärung der Vorgänge und Regelung der möglichen Folgen“, wird Mahle-Chef Heinz Junker in einer Mahle-Mitteilung zitiert. Einen neuen Zeitplan teilte Mahle nicht mit. Wann die Ermittlungen, die sich in einem frühen Stadium befinden, abgeschlossen seien, ließe sich nicht sagen. Behr und Mahle betonen, dass der Kolbenhersteller von den Vorgängen „in keiner Weise“ betroffen sei.

Die Verzögerungen bei der Übernahme könnten im Zusammenhang mit dem Kaufpreis stehen. Bei der Vorlage der Bilanz im Frühjahr hatte Mahle-Chef Heinz Junker gesagt, dass der Kauf nicht zum Fixpreis erfolge, sondern nach dem Ergebnis einer Formel, die sich an der wirtschaftlichen Entwicklung des Zulieferers orientiere. Sollten Behr die Vorwürfe nachgewiesen werden, muss der Zulieferer mit einer Strafe rechnen, die auf den Gewinn durchschlägt. Das könnte den Kaufpreis drücken.

Behr-Chef Peter Grunow „nimmt diesen Vorgang (die Ermittlungen, d. Red.) sehr ernst“, schreibt Behr. Er will mit den Ermittlungsbehörden in vollem Umfang kooperieren und „unsere bereits vorhandenen Aktivitäten zum Thema Compliance auf breiter Front weiter vertiefen“. Junker fordert die Einhaltung von Gesetzen und Regelungen als „ Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren Geschäftspartnern, Kunden und Kollegen“.