Die Opposition im Landtag attackiert Innenminister Thomas Strobl wegen eines angeblichen Geheimnisverrats wegen der verdeckten Ermittlungen in Sigmaringen – allerdings mit mäßigem Erfolg.

Stuttgart - Der Satz muss Wolfgang Reinhart Kraft gekostet haben: „Der Minister hat mein volles Vertrauen“, bekundet der CDU-Fraktionschef im voll besetzen Plenarsaal des Landtags. Wo doch jeder weiß, dass ihn mit Thomas Strobl – der Innenminister ist der Adressat der Loyalitätsbezeugung – ein komplexes Verhältnis verbindet, in dem Vertrauen nicht die dominierende Rolle spielt. Da sind zwei Leitwölfe unterwegs, deren Bemühen um Revierabgrenzung noch nicht abgeschlossen ist. Ob es das jemals sein wird, steht dahin, an diesem Tag aber gilt es, Solidarität zu üben. Die Opposition will dem Innenminister an den Kragen, Thomas Strobl eben, der auch noch Vizeministerpräsident und CDU-Landeschef ist. Da bleibt kein Spielraum für innerparteiliche Machtkämpfe. „Diese Koalition und dieser Innenminister sind ein klarer Sicherheitsgewinn für Baden-Württemberg“, sagt Reinhart mit fester Stimme.

 

Eine echte Dramatik will indes nicht aufkommen in der Debatte mit dem verheißungsvollen Titel „Ist der Innenminister ein offenes Sicherheitsrisiko?“. Es geht um eine Pressemitteilung des Ministeriums, in der am 9. März ein Sicherheitskonzept für Sigmaringen vorgestellt wurde. Die Stadt leidet unter einer steigenden Kriminalitätsbelastung, was offenkundig viel mit dem Treiben etlicher Bewohner der Landeserstaufnahmestelle in dem am Bahnhof gelegenen Prinzengarten zu tun hat. In der Pressemitteilung heißt es: „Mit Beginn der wärmeren Jahreszeit werden verdeckte Kräfte des Landeskriminalamts bei den Ermittlungen insbesondere im Prinzenpark tätig sein.“ Dies führte zu einem Aufschrei erst bei einigen Polizeigewerkschaftern, dann bei der Opposition. Von Geheimnisverrat ging die Rede.

Keine Verdeckten Ermittler im Einsatz

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke wirft dem Innenminister vor, dieser habe mit seiner „Geschwätzigkeit einen kapitalen Fehler gemacht“. Womöglich seien durch die Veröffentlichung Polizisten gefährdet. Einen Untersuchungsausschuss will Rülke ausdrücklich nicht ausschließen. Und er vergisst auch nicht, auf den Weggang von Strobls Staatssekretär nach Berlin hinzuweisen. Martin Jäger „haut ab aus Baden-Württemberg“, formuliert Rülke wenig einfühlsam.

SPD-Fraktionschef Andreas Stoch erkennt als „Geschichte hinter der Geschichte“ und eigentliches Problem des Innenministers, dass Strobl in der eigenen Fraktion wenig Unterstützung erfahre. Tatsächlich waren nach den ersten Vorwürfen gegen den Minister Tatbestände aktiver Unterstützungsleistung aus der eigenen Fraktion eher die Ausnahme. Der AfD-Politiker Lars Patrick Berg nutzt die Gelegenheit, um der Konkurrenz vorzuhalten: „Sie sind die Parteien der Unsicherheit.“ Hans-Ulrich Sckerl, Fachkraft für innere Sicherheit bei den Grünen, stellt sich in Koalitionstreue, wenngleich mit geringer Seitenverschiebung hinter Strobl. Den Satz mit den „verdeckten Kräften“, findet er, hätte man in der Pressemitteilung auch weglassen können.

Dann der Auftritt Strobls. Mit der Formulierung „verdeckte Kräfte“ seien mitnichten verdeckte Ermittler gemeint, die unter Wechsel der Identität mit großem Aufwand in kriminelle Organisationen eingeschleust würden, sagt er. So schlimm sei die Lage in Sigmaringen nicht. Es handle sich vielmehr um Polizisten, die nicht gleich als solche zu erkennen seien. Weil man aber den Bürgern zwecks Stärkung deren Sicherheitsgefühls mitteilen wolle, dass die Polizei mehr unternehme, als öffentlich wahrnehmbar sei, tauche der Hinweis auf verdeckte Maßnahmen regelmäßig in Pressemitteilungen auf. Auch beim Sicherheitsplan für Heidelberg sei das geschehen.

Die Polizeipräsidien handhabten dies ebenso. Polizisten seien durch die Veröffentlichung nicht gefährdet worden, beteuert der Innenminister: „Diesen Vorwurf weise ich entschieden zurück.“ Dann preist er noch ausführlich die Sicherheitslage im Land. Seit 1990 sei die Kriminalitätsbelastung nicht mehr so gering gewesen wie jetzt. Strobl fühlt sich obenauf. Stand er am Anfang seiner Rede noch starr und breitbeinig am Rednerpult, kommt er jetzt in gewohnter Form ins Tänzeln.