Die großen Wohlfahrtsverbände arbeiten mit der Gewerkschaft Verdi und der Bundesregierung an einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für die Altenpflege. Selbst die Kirchen sind bereit mitzumachen. Diese einzigartige Chance darf nicht verspielt werden, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Spätestens im Bundestagswahlkampf hat die Politik die Altenpflege als eine der großen Herausforderungen der rasch alternden Gesellschaft erkannt. Als zentrales Problem wurden die ungünstigen Bedingungen für die Beschäftigten ausgemacht. So ist offenkundig nun auch den Regierenden klar, dass die Entlohnung dieses wichtigen Dienstes am Menschen nicht mehr stagnieren darf – während die Arbeit an der Maschine seit etlichen Jahren immer höher vergütet wird, was im Vergleich geradezu absurd erscheint. Dieses Missverhältnis trägt zu schlechten Stimmung in der Branche bei, die gerade erst eine Umfrage im Auftrag des Deutschen Pflegetags bestätigt hat.

 

Die Politik muss jetzt endlich liefern

Folglich muss die Politik jetzt mal liefern. Ihr Part besteht darin, die rechtlichen Rahmenbedingungen so zu verändern, dass auf diesem Fundament eine angemessene Bezahlung entstehen kann. Da geht es insbesondere um die Finanzierungsfrage, in die nun auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eine wohltuende Dynamik hereinbringt. Um faire Löhne auszuhandeln, braucht es aber in erster Linie Sozialpartner. Denn an Flächentarifverträgen führt in der zerklüfteten Pflegebranche kein Weg vorbei.

Kommerzielle Arbeitgeber im Kampf gegen „Zwangstarife“

Die Chance, einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag zu erreichen, war noch nie so groß – sie darf jetzt nicht verspielt werden. Insofern hat die Gewerkschaft Verdi mit ihrem konkreten Forderungskatalog einen wichtigen Schritt gemacht, um rasche Tarifverhandlungen mit einem neuen Arbeitgeberverband in Gang zu bringen. Dass sie sich dabei am öffentlichen Dienst orientiert, ist optimistisch, aber auch logisch. Der Markt allein richtet es eben nicht, wie der Verband der kommerziellen Arbeitgeber in seinem Kampf gegen „Zwangstarife“ weismachen will. Denn der Markt sorgt auch für Dumpinglöhne. Die Ziellinie ist daher erst erreicht, wenn sich neben den kirchlichen Trägern vor allem die privaten Anbieter dem Druck des künftigen Flächentarifs nicht mehr entziehen können.