Eine Anwohnerin will, dass die Sicherheit im Marbacher Eichgraben (Kreis Ludwigsburg) verbessert wird. Es gibt auch eine gewisse Unfallhäufung, doch eine Neuregelung hätte ihren Preis.
Gut drei Jahre ist es her, dass Sabrina Uyans Sohn im Eichgraben fast von einem Auto erfasst wurde. Der Junge lief aus ihrem sich in einen Hang schmiegenden Haus die Straße hinunter, schaute nach links und nach rechts, konnte aber dennoch einen herankommenden Wagen nicht erkennen und stand schon auf der Fahrbahn. Uyan schrie sich die Seele aus dem Leib. Ihr Sohn machte einen Satz zurück, knallte mit der Hand gegen das Auto, kam aber sonst mit dem Schrecken davon.
So etwas dürfe nicht passieren, findet die 34-Jährige und macht sich deshalb dafür stark, dass die Stadt Marbach die verkehrliche Situation in dem kleinen Stadtteil oberhalb der Landesstraße am Neckar zwischen Marbach und Ludwigsburg verbessert. „Unser aller Problem ist, dass hier zu schnell, zu wild, unvorsichtig und rücksichtlos gefahren wird. Es wird gehupt und gedrängelt“, fasst die dreifache Mutter zusammen. Fahrzeuge wichen teils auf den Gehweg aus, gefährdeten damit insbesondere Kinder. Wenn man andere Anwohner im Ort frage, würden diese die Situation ähnlich beschreiben, versichert Sabrina Uyan.
Laut Polizei hat es 16 Unfälle in drei Jahren gegeben
In gewisser Weise gestützt wird ihre Beobachtung durch einen Blick in die Polizeistatistik, die eine leichte Unfallhäufung ausspuckt. „Für die Jahre 2022, 2023 und 2024 wurden insgesamt 16 Verkehrsunfälle verzeichnet“, berichtet Frank Schöning, Pressesprecher beim Präsidium in Ludwigsburg. Größtenteils handelte es sich um Vorfälle, bei denen der eine Wagen den anderen beim Vorbeifahren oder Rangieren gestreift hat. Einmal sei ein Fußgänger von einem Autofahrer touchiert und leicht verletzt worden, erklärt Schöning.
Geschwindigkeitsmessungen vor Ort hätten allerdings „kein signifikant auffälliges Bild“ gezeigt, betont der Marbacher Bürgermeister Jan Trost. Aber eine Tendenz lässt sich aus den von der Stadt erhobenen Daten schon herauslesen. So waren bei einer Erhebung am 24. September zwischen 9.30 und 12.08 Uhr ähnlich viele Fahrzeuge im Eichgraben unterwegs wie am 21. Mai von 7.30 bis 9.37 Uhr. Mit dem Unterschied, dass sich in dem Zeitfenster am späten Vormittag ausnahmslos alle an die Höchstgeschwindigkeit von 30 hielten, während zu früherer Stunde neun Fahrer das Gaspedal zu tief durchgedrückt hatten. Bei einem zeigte der Tacho sogar 49 Sachen an.
Das würde sich der Einschätzung von Sabrina Uyan annähern, wonach sich Autofahrer zu den Stoßzeiten mit besonders viel Ungeduld durch die Siedlung schlängeln. Wobei die Überwachungsgeräte ihrem Empfinden nach noch ganz andere Zahlen liefern würden, wenn sie früher aufgebaut würden. „Morgens zwischen 6 und 7.30 Uhr ist es eine ganz große Katastrophe“, sagt sie. Es sei ein Wunder, dass noch nichts Schlimmes passiert sei.
Anwohnerin macht mehrere Vorschläge
Mit dem Rathaus habe sie schon Kontakt aufgenommen. „Ich würde mir wünschen, dass die Stadt irgendwas macht. Doch da tut sich gar nichts“, sagt Uyan. Möglichkeiten gäbe es genug, findet sie. Wo die Fahrbahn breit genug ist, könne man zum Beispiel das Parken auf beiden Straßenseiten erlauben, sagt sie. Dann müssten die Fahrer das Tempo drosseln, weil sie quasi in beiden Richtungen von den stehenden Wagen ausgebremst würden. Aktuell ist das Parken nur auf einer Seite gestattet. Die Anwohnerin kann sich zudem vorstellen, etwaige Raser mit Verkehrsinseln zu stoppen oder den Gehweg mit zylinderförmigen Pylonen zu schützen.
„Eine besondere Gefährdung von Kindern auf den Gehwegen erkennen wir nicht“, betont jedoch der Marbacher Bürgermeister Jan Trost. Wolle man die genannten Probleme beseitigen, lasse sich das nur mit umfangreichen baulichen Veränderungen bewerkstelligen. Das würde aber bedingen, dass nahezu sämtliche Parkplätze entfallen, „da diese einem seitlich angebrachten Schutz- oder Gehstreifen oder sicheren Aufstellflächen weichen müssten, um die Restfahrbahnbreite für den Verkehr gewährleisten zu können“.
Auch andere Überlegungen, die mit einem baulichen Eingriff verbunden wären, hätten „massive Auswirkungen“ auf die bereits jetzt schon sehr knappen Parkmöglichkeiten. Die Optionen und Grenzen seien den Anwohnern kommuniziert worden, die bis dato jedoch möglichst keine Stellflächen preisgeben wollten. Unterm Strich sei man offen für leichtere Eingriff wie Fahrbahnverschwenkungen oder wechselseitige Parkflächen. Allerdings gehe auch damit ein Verlust von Stellplätzen einher, stellt Trost klar. Die Verwaltung sei grundsätzlich dazu bereit, „Maßnahmen zur weiteren Verkehrsoptimierung zu diskutieren. Allerdings nur unter der Prämisse, dass die Anwohnerschaft den damit verbundenen Verlust von Parkplätzen mitträgt“.
Tempo kontrolliert
Keine Lastwagen
Der Eichgraben ist eine kleine Siedlung oberhalb der Landesstraße 1100 am Neckar zwischen Marbach und Ludwigsburg. Es führt nur eine Straße durch den Ort, die relativ schmal ist. Es gilt Tempo 30, Lastwagen mit mehr als 3,5 Tonnen sind tabu – sofern es sich um keine Anlieger handelt.
Messungen
Die Stadt hat zuletzt im Mai, September und Oktober 2024 den Verkehr überwacht, jeweils morgens ab frühestens 7.30 Uhr für in Summe rund sechs Stunden. Insgesamt wurden 289 Fahrzeuge gezählt, von denen elf zu schnell unterwegs waren.