Der Geschäftsführer des Eigentümervereins Haus und Grund in Stuttgart erwartet bei der Neufestlegung der Grundsteuer im Land ein Debakel. Betroffene sollten sich schützen.

Bis zur Neufestsetzung der Grundsteuer im Jahr 2025 ist es noch ein Weilchen hin. Wohl erst 2024 werden die Kommunen ihre Hebesätze anpassen, dann werden die Folgen der vom Bundesverfassungsgericht verlangten Neuberechnung dieser kommunalen Steuer deutlich werden. Die Eigentümer sollten dennoch schon jetzt handeln und sofort Einspruch gegen ihren Bescheid einlegen, rät Ulrich Wecker, der Geschäftsführer des Vereins Haus und Grund in Stuttgart. Denn wer die vierwöchige Einspruchsfrist versäume, habe später keine Chance mehr. Die ersten Bescheide sind zugestellt, die verlängerte Frist zur Erklärung lief mit dem 31. Januar ab.

 

Den Rechtsweg offen halten

„Das Land zwingt alle Grundsteuerzahler zum Einspruch. Den müssen alle einlegen, nur so können sie sich den weiteren Rechtsweg offen halten“, so der gelernte Rechtsanwalt gegenüber unserer Zeitung. Die Grundsteuerbescheide der Finanzämter seien nicht vorläufig. Zwar haben Stadtverwaltung und Gemeinderat in Stuttgart erklärt, mit der neuen Grundsteuer nicht mehr als wie bisher 157 Millionen Euro pro Jahr erlösen zu wollen, den einzelnen Eigentümer schützt das aber nicht vor extremen Ausschlägen. Haus und Grund erwartet deutliche Aufschläge vor allem für große Grundstücke mit kleiner Wohnfläche. „Deren Besitzer werden ein Vielfaches des Bisherigen zum Gesamtaufkommen beitragen müssen“, so Wecker. Das sei teils Zufälligkeiten geschuldet, aber auch der Systematik, die bei der Berechnung allein auf den Bodenrichtwert setzt.

Elster nervt die Steuerzahler

Die Lobbyorganisation hat inzwischen rund 1000 ihrer mehr als 20 000 Mitglieder Hilfestellung beim Online-Ausfüllen geleistet. Dazu habe man sich in Absprache mit der Finanzverwaltung einen eigenen Zugang zum Steuersystem Elster geholt. Mit Papiervordrucken hätte die Mehrzahl der unterstützten Mitglieder „die Erklärung locker selbst hingekriegt“, kritisiert Wecker den Druck der Steuerverwaltung in Richtung des Systems Elster.

Extreme Unterschiede

Anhand von fünf Grundstücken ohne Besonderheiten im Stadtgebiet – bebauten Flächen in der Neckarvorstadt, am Bopser, in Birkach, Sillenbuch und einem gemischt genutzten Gebäude im Bezirk Mitte – hat der Verein gerechnet. „Wir können aufzeigen, wie unterschiedlich der Quadratmeter Wohnfläche künftig zum Steueraufkommen beizutragen hat“, sagt Wecker und präsentiert einen Faktor von 14,3, der am Bopser mehr zu zahlen wäre als in der Neckarvorstadt. In Sillenbuch steht der Faktor bei 15,4. „In einer gewissen Bandbreite muss man Unterschiede tolerieren“, so der Geschäftsführer. Klar sei auch, dass es bei sehr alten Werten Sprünge gebe. Aber Faktor 15,4? „Warum soll jemand in einem Reihenendhaus so viel mal mehr Grundsteuer pro Quadratmeter zahlen als jemand in einem Mehrfamilienhaus? Das wäre ein Verstoß gegen das steuerliche Äquivalenzprinzip“, kritisiert Wecker. Verfassungsrechtlich sei das sehr zweifelhaft, die Musterklage von Haus und Grund und dem Bund der Steuerzahler daher geboten.

Wo bleibt die Logik?

Mühsam und teuer wird es für den, der mit dem aktuellen Bodenrichtwert nicht einverstanden ist. Geändert werden kann er nur durch ein qualifiziertes Gutachten. Dafür müsse man 3000 bis 4000 Euro investieren. „Das schreckt ab, so wird der Rechtsanspruch systematisch kaputt gemacht“, so Weckers Philippika.

Die Besteuerung sei auch von Zufälligkeiten abhängig. Einen Abschlag von 30 Prozent fahre ein, wessen Immobilie überwiegend wohnwirtschaftlich genutzt werde. Davon könnten aber auch Anwaltsbüro, Apotheke oder Café im Haus profitieren. Bei Teileigentum jedoch nicht. Diese Logik erschließe sich nicht. Wecker sieht den Kardinalfehler des Landes in der Fokussierung nur auf den Bodenrichtwert. Die tatsächliche Nutzung fließe nicht ein. Baden-Württemberg, Bayern und Hessen hatten im August 2010 ein Modell mit Berücksichtigung auch der Nutzungsart erarbeitet. Dieses Mischmodell sei gerechter. Eine Korrektur durch ein Gericht könnte aber viele Jahre dauern.