An Ganztagsschulen wird der Nachwuchs ganz gezielt angesprochen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Thea Bracht (tab)

Stuttgart - Wer bei Google Maps „Vereine“ und „Stuttgart“ eintippt, erkennt sofort: Das Vereinsleben in der Landeshauptstadt ist bunt und vielfältig. Unzählige kleine Punkte zeigen an, in welchen Stadtbezirken welche Vereine ihren Sitz haben. Knapp 6000 Vereine sind registriert. Und die Zahl steigt weiter. „Allein 72 Prozent der Kinder und Jugendlichen bis 14 Jahren sind in Vereinen organisiert“, sagt Dominik Hermet, Geschäftsführer des Sportkreises Stuttgart. Damit nimmt Stuttgart im bundesweiten Vergleich eine Spitzenstellung ein.

 

Woran das liegt, darüber kann Hermet nur spekulieren. Eines weiß er jedoch genau: wenn sich die Gesellschaft verändert, müssen sich die Vereine anpassen, um zu überleben. Ein hochaktuelles Thema ist die Einbindung von Vereinen in Ganztagsschulen. Seit 2004 beschäftigen sich die Stuttgarter Sportvereine mit diesem Thema. „Nach dem Zielbeschluss des Gemeinderats im Juli 2011, die Grundschulen in Ganztagsschulen umzuwandeln, hat das Thema eine große Dynamik bekommen“, sagt Hermet. Im September stellte die Sportbürgermeisterin Susanne Eisenmann ihr Stuttgarter Modell zu den Ganztagsschulen und die Einbindung der Vereine vor, jetzt entwickelt eine Arbeitsgruppe „Sport und Ganztag“ ein Konzept für die Zusammenarbeit mit freien Trägern.

Klaus Tappeser, Präsident des Württembergischen Landessportbundes, geht sogar noch einen Schritt weiter: Er strebt eine führende Rolle der Vereine im Ganztagsschulbetrieb an. Stuttgart gilt als Pilotprojekt. Gut möglich, dass sich der Verband selbst als freier Träger bewerben wird. Die Stuttgarter Vereine wollen vorerst vor allem als Partner der bestehenden freien Träger auftreten. Die ersten Gespräche mit der Caritas, der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart und der Jugendhausgesellschaft hat Hermet bereits geführt. Auch Musik- und Kulturvereine haben großes Interesse signalisiert, sich in den verbindlichen Ganztagsschulen einzubringen.

Die Vereine profitieren von dieser Kooperation gleich in mehrfacher Hinsicht: „Der Kontakt zu Kindern und Jugendlichen ist enorm wichtig – und den bekommt man am besten über die Schulen“, erklärt Hermet. Zudem sei es für qualifizierte Übungsleiter nicht nur finanziell interessant, sich an Schulen zu engagieren. Er hofft, Übungsleiter dadurch auch stärker an die Vereine zu binden.

Zurzeit baut der Sportkreis eine Datenbank „Personal im Sport“ auf, eine Art Vermittlungsbörse für Ehrenamtliche und Vereine. Trotz dieser Initiativen erwartet Dominik Hermet, dass der Organisationsgrad junger Leute auch in Stuttgart zurückgehen wird: „Der Zeitplan der Schüler ist einfach zu hoch getaktet.“ Doch er hofft, dass die Vereine neue Wege finden werden, um auf gesellschaftliche Veränderungen und Trends zu reagieren. „Das tun die Vereine schließlich seit 200 Jahren“, sagt er.