Wird der 69-jährige Beschuldigte dauerhaft in eine Klinik eingewiesen? Bei ihm ist eine paranoide Schizophrenie festgestellt worden.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Nach und nach sind in jener Nacht im vergangenen Sommer alle Bewohner einer Wohngemeinschaft in einem Heim der Evangelischen Gesellschaft aufgewacht. Sie hörten Lärm und rochen Feuer. „Es war ein Geräusch, als ob jemand Teller an die Wand wirft“, erinnert sich eine Frau an das Klirren des Fensterglases. Ein Zimmer der Wohngemeinschaft stand in Flammen. Der 69-jährige Mann, der damals darin wohnte, soll es gelegt haben. Fünf Mitbewohner entkamen, einer starb an einem Inhalationstrauma, einer Verbrennung der Luftröhre.

 

Das Feuer brach gegen 4 Uhr in der Nacht aus. Der Beschuldigte soll eine Bettdecke vor sein Zimmer in den Flur gezogen haben, als in dem Raum schon fast alles Feuer gefangen hatte. Die Staatsanwaltschaft wertete die Tat als Mord in einem Fall und versuchten Mord in fünf Fällen.

Gefährlich für die Allgemeinheit

In dem Verfahren vor dem Stuttgarter Landgericht geht es darum, ob der 69-Jährige dauerhaft in eine Klinik eingewiesen werden soll. Bei ihm sei eine paranoide Schizophrenie festgestellt worden, so der Vertreter der Anklage. Aufgrund dieser Krankheit sei er bei der Tat, die ihm zugeschrieben wird, in seiner Steuerungsfähigkeit „erheblich gemindert“ gewesen. Er gelte als gefährlich für die Allgemeinheit, da nicht auszuschließen sei, dass er weitere ähnliche Taten verüben werde, sagte der Staatsanwalt beim Verlesen der Anklage.

Die Mitbewohner wussten wenig über den Beschuldigten, als alle noch unter einem Dach lebten. „Wir haben auch mal zusammengesessen und was geredet“, sagte ein 35-jähriger Zeuge. Er war in der Nacht aufgewacht, habe eine Zigarette geraucht, und erst dann die Unruhe im Haus bemerkt. Als er sein Zimmer verließ, um nachzuschauen, entdeckte er auf dem Flur der Wohngemeinschaft seinen Nachbarn, der gerade die Feuerwehr verständigte.

Beschuldigter will sich nicht äußern

Gemeinsam versuchten die beiden Männer, in das erste Stockwerk zu gelangen. Doch der Rauch sei schon in das Treppenhaus gezogen gewesen, ein Durchkommen war nicht mehr möglich. Die Bewohner gingen auf die Straße, um auf die Feuerwehr zu warten. Ein Mann hatte sich auf das Dach geflüchtet, einer harrte am Fenster im ersten Stock aus, bis die Rettungskräfte ihn bargen.

„Wir hörten noch Schreie von einem anderen. Dann war es ruhig“, sagte der Zeuge. Im Nachhinein wurde ihm klar, dass dies die Hilferufe des Mannes gewesen sein müssen, der bei dem Feuer umkam. Der Zeuge berichtete, er sei von den Rettungskräften gefragt worden, ob er Hilfe brauche. Er sei aber nicht verletzt gewesen, obwohl er, als er wach geworden war, das brennende Zimmer betreten hatte.

Der Beschuldigte will sich vor Gericht nicht zu den Vorwürfen äußern. Das Verfahren wird am Montag fortgesetzt.