Der Prozess wegen Veruntreuung von EU-Geldern kratzt an der Anti-Eliten-Erzählung der zuletzt so erfolgreichen Rechtspopulistin Marine Le Pen. Doch das Gericht muss eine Grenze wahren, kommentiert Frankreich-Korrespondent Stefan Brändle.
Noch bevor der Prozess gegen Marine Le Pen und die Ihren wegen Veruntreuung von EU-Geldern begonnen hatte, schlüpften Frankreichs Rechte in ihre Paraderolle: die der politischen Opfer der bösen Eliten rund um Präsident Emmanuel Macron. Funktionieren dürfte das nicht. Das Verfahren räumt auf mit dem Leitmotiv des Le Pen-Diskurses, wonach die übrigen Parteien „tous pourris“, also allesamt korrupt seien. Bei einem Schuldspruch wäre das Rassemblement National nicht mehr unbefleckt – obwohl es national nie an der Macht gewesen ist. Viele Wähler hätten dann wohl den Eindruck, auch mit einer Präsidentin Le Pen würden die „magouilles“, die politischen Schummeleien, nicht aufhören. Zudem leidet Le Pens Strategie, sich ein seriöses, staatstragendes Image zu geben. Damit führte sie Macrons Regierung bisher souverän am Gängelband.