Neue Chance für den U-Ausschuss zum „schwarzen Donnerstag“: er bekommt womöglich doch noch die Mails von Tanja Gönner. Die Ex-Ministerin scheiterte mit ihrer Klage gegen die Herausgabe in erster Instanz. Prozessiert sie nun weiter?

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Im Rechtsstreit um ihre Mails aus dem Herbst 2010 hat Ex-Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) eine Niederlage erlitten. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen wies am Mittwoch ihre Klage ab, die Sicherungskopien zu löschen und nicht an den Untersuchungsausschuss zum „schwarzen Donnerstag“ herauszugeben. Dies teilte das Gericht mit, ohne zunächst eine nähere Begründung zu geben. Gegen die Entscheidung könne Gönner Berufung beim Verwaltungsgerichtshof einlegen.

 

Die frühere CDU-Politikerin, die heute die halbstaatliche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) führt, hatte die Klage mit dem Datenschutz begründet. Sie habe nichts zu verbergen, wolle jedoch ihre Persönlichkeitsrechte schützen. Zudem gehe es um die Rechte Dritter, die mit ihr in Kontakt standen, hatte sie vor dem Ausschuss zum Polizeieinsatz am 30. September 2010 gesagt. Einer der Anlässe für das zweite Sondergremium dazu waren unbekannte Mailkontakte zwischen Gönner und dem früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU).

Auch Gönners Ex-Amtschef Bauer klagt noch

Das inzwischen grünen-geführte Umweltministerium sieht sich verpflichtet, die Mails dem Ausschuss zur Verfügung zu stellen. Begründung: Die parlamentarischen Kontrollrechte hätten Vorrang vor dem Recht auf institutionelle Selbstbestimmung der Ex-Ministerin. Es wollte Gönner jedoch zunächst Gelegenheit geben, die Sache gerichtlich zu klären. Die Sicherungskopien waren nach der Landtagswahl 2011 wegen des Neuzuschnitts der Ressorts angefertigt worden.

Auch Gönners früherer Amtschef Bernhard Bauer klagt gegen die Herausgabe seiner Mails, mit der gleichen Begründung wie seine Ex-Chefin. Beim zuständigen Verwaltungsgericht Stuttgart hieß es zum Stand des Verfahrens, man habe die Entscheidung aus Sigmaringen abwarten wollen. Gönner und Bauer hatten sich auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs gestützt, nach dem in einem ähnlich gelagerten Fall Mappus’ Mails gelöscht werden mussten; zuvor waren sie jedoch vom Landesarchiv übernommen worden.

Grüne und SPD appellieren an die CDU-Frau

Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Jürgen Filius (Grüne), zeigte sich erfreut über das Urteil; es stärke die parlamentarischen Kontrollrechte. Im Licht der Entscheidung werde das Gremium über das weitere Vorgehen beraten. Von dem Sigmaringer Spruch wollten es die Abgeordneten auch abhängig machen, ob sie doch noch versuchen, über das Landesarchiv an die Mappus-Mails zu kommen; bekomme man die Gönner-Mails, sei dies wohl nicht nötig.

Die Obleute der Regierungsfraktionen, Ulrich Sckerl (Grüne) und Sascha Binder (SPD), appellierten an Gönner, ihre Dienstmails nun zur Verfügung zu stellen. Als ehemaliges Regierungsmitglied könne sie sich nicht hinter ihrer Privatsphäre verschanzen. Das vorgeschlagene Verfahren wahre die Interessen der Ex-Ministerin: zusammen mit einem Richter und dem Datenschutzbeauftragten könne sie alles aussortieren, was nichts mit dem Polizeieinsatz zu tun habe, so die Obleute. Von Gönner war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten, ob sie weiter prozessieren will. Das Sigmaringer Gericht hatte ohne mündliche Verhandlung auf der Basis schriftlicher Stellungnahmen entschieden.