Lokales: Christine Bilger (ceb)

Neu war für alle Beobachter auch die Herangehensweise. Das Verwaltungsgericht müsse, so erklärten es die Richter, den sogenannten subjektiven Rechtsschutz untersuchen. Das heißt, sie werden die Beweise daraufhin auswerten, durch welche Maßnahmen die einzelnen Kläger in ihren Rechten beeinträchtigt waren. Dabei stehen zwei Fragen im Mittelpunkt: Erstens wird die Kammer erörtern, ob die Aufforderung, den Schlossgarten zu verlassen – wie eingangs erwähnt – rechtswidrig sein könnte. Zweitens ist zu ergründen, ob der Einsatz des unmittelbaren Zwangs seitens der Polizei mit Wasserwerfern, Schlagstöcken und Pfefferspray verhältnismäßig gewesen ist. „Die Verhältnismäßigkeit muss immer dann gewahrt sein, wenn belastende Maßnahmen gegen Bürger getroffen werden“, sagte der Richter Nagel.

 

Am ersten Verhandlungstag hatten die Kläger das Wort. Unter ihnen ist Dietrich Wagner, der sein Augenlicht durch einen Treffer des Wasserwerfers fast vollständig verloren hat. „Ich dachte erst, ich bekomme nur die Augen nicht auf“, beschrieb der 71-Jährige den Moment nach der Verletzung. Auf einem Auge sehe er nichts mehr, auf dem anderen nur 2,5 bis fünf Prozent. „Ich sehe, dass dort jemand sitzt“, sagte er zu den Richtern. Der Musiker Daniel Kartmann beschrieb, wie er genau in dem Moment, als es ihm zu viel wurde und er den Park verlassen wollte, seine Brille durch einen Wasserstrahl verlor. Als er sich bückte, um sie aufzuheben, wurde er im Auge getroffen. Bei der Aussage des Kabarettisten Peter Grohmann waren die Richter etwas skeptisch. Er könne nicht genau sagen, wo er war, als er nass wurde. Bei seiner Nachfrage, ob die Ursache wohl ein Wasserwerfer war, musste Richter Nagel selbst lachen.

Beim Betrachten der Videoaufnahmen vom „schwarzen Donnerstag“ wurde am Nachmittag des ersten Verhandlungstages deutlich, worauf die Kammer achtet. Auf die – eigentlich unzulässige – Nachfrage eines Zuhörers, ob einer der Polizisten in der Wasserwerferbesatzung wirklich gesagt habe: „Jungs, jetzt wird es zäh, jetzt müssen wir mal richtig draufhalten!“ sagte der Vorsitzende Richter: „Ja, das haben wir auch verstanden. Und Äußerungen wie diese werden in unsere rechtliche Beurteilung mit einfließen.“