Der EnBW-Großaktionär OEW versucht zu recht, eine unklare Definition vor Gericht klären zu lassen, meint Eva Drews.

Stuttgart - Auf den ersten Blick begeben sich die OEW auf eine heikle Mission: Nach zähem Ringen erst ist es Ende vergangenen Jahres gelungen, die Haftung für Folgekosten der Atomkraftnutzung in ein Gesetz zu gießen. Demnach mussten die Atomkraftbetreiber Eon, RWE, EnBW und Vattenfall ihre Atomrückstellungen plus eine Risikoprämie in einen Fonds einzahlen, der für die Zwischen- und Endlagerung von Atommüll gerade stehen wird. Für Stilllegung, Rückbau und fachgerechte Verpackung haften weiter die Betreiber.

 

Damit schienen alle Konflikte gelöst. Nun reichen die OEW aber Verfassungsbeschwerde gegen einen Teil des entsprechenden Gesetzes ein: das sogenannte Nachhaftungsgesetz. Grund für dieses Paragrafenwerk war die Aufspaltung des größten deutschen Energiekonzerns Eon. Die Politik wollte verhindern, dass sich die Essener durch ihre Teilung aus der Haftung für die Kernenergie stehlen.

Ein Fall für juristische Feinschmecker

Gegen das Gesetz an sich hat die OEW rein gar nichts, ganz im Gegenteil. Doch gut gedacht ist im Fall des Nachhaftungsgesetzes offenbar nicht gut gemacht. Denn in das Gesetz hat sich ein Satz geschlichen, der die Oberschwaben unter – derzeit eher unwahrscheinlichen – Umständen in Bedrängnis bringen könnte. Nämlich dann, wenn die EnBW Insolvenz anmelden müsste. Dann müssten die beiden Hauptaktionäre OEW und Land Baden-Württemberg eventuell für die Schulden des Konzerns haften. Eventuell.

Im Detail ist das Ganze ein Fall für juristische Feinschmecker, denn es geht um eine unklare Definition eines beherrschenden Gesellschafters im Gesetz, auf die schon im Gesetzgebungsverfahren zwei Mal hingewiesen wurde. Vorsorglich haben die beiden EnBW-Hauptaktionäre deshalb schon Ende 2015 die Vereinbarung gekündigt, bei der EnBW abgestimmt vorzugehen. Die Frage ist nun, ob das reicht.

Gut möglich, dass die Verfassungsrichter die Beschwerde nicht zulassen

Ob dies das Bundesverfassungsgericht klären wird, ist allerdings fraglich. Denn es ist gut möglich, dass die Verfassungsrichter die Klage aus formalen Gründen nicht zulassen. Dann bliebe nur, im Falle einer EnBW-Insolvenz vor das Verwaltungsgericht zu ziehen. Die Abstimmung untereinander müssten die OEW und das Land unterlassen, so lange diese Frage nicht geklärt ist. Leidtragend wäre damit der Karlsruher Konzern, der starke Aktionäre, die an einem Strang ziehen, in der aktuellen Krise mehr als dringend gebrauchen könnte.