Fraktionsübergreifend haben sich Grüne, CDU, FDP und SPD auf Kandidaten für das Verfassungsgericht geeinigt. Die AfD war an den Gesprächen nicht beteiligt.
Richterwahlen im Bund und im Land können ein ziemliches Gefeilsche und Gezerre sein. Sie können auch weitgehend still und unproblematisch über die Bühne gehen. Letzteres scheint jetzt in Baden-Württemberg der Fall zu sein. Am Donnerstag wird der Landtag darüber befinden, wie ein Drittel des Verfassungsgerichtshofes neu zu besetzen ist. Drei Richter mit jeweils einem Stellvertreter sind zu ernennen und zu vereidigen, und eine große Mehrheit sollte den Kandidaten bei der Wahl denn auch sicher sein. Grüne und CDU, FDP und SPD haben sich auf einen gemeinsamen Wahlvorschlag geeinigt, lediglich die AfD war in diese Gespräche nicht eingebunden gewesen.
Schwarz lobt Stärkung der Demokratie
„Es ist uns gelungen qualifizierte Persönlichkeiten zu gewinnen, die den Anspruch pflegen, Verfassungsprinzipien und damit unsere Demokratie zu stärken“, sagt Andreas Schwarz, der Fraktionschef der Grünen im Landtag. Sein CDU-Pendant Manuel Hagel sieht durch das gemeinsame Zusammenwirken über Parteigrenzen hinweg für die kommenden Richterinnen und Richter „einen breiten demokratischen Rückhalt, den sie für ihre Arbeit brauchen“.
Gewählt werden sollen an diesem Donnerstag zum einen Daniel O´Sullivan, seit 2011 hauptberuflich Richter am Landessozialgericht und zudem seit zehn Jahren Gemeinderat für die SPD in Ludwigsburg. O´Sullivan, der auch an mehreren Hochschulen im Land unterrichtet, ist als Vizepräsident des Gerichts vorgeschlagen. Er folgt auf Hans-Christian Mattes, dessen Amtszeit ebenso endet wie die von Alexandra Fridrich und Wolfgang Jäger.
Spezialistin für ethische Fragen
Ebenso neu im insgesamt neun Köpfe umfassenden Richter-Gremium soll die Freiburger Jura-Professorin Silja Vöneky werden. Vöneky hat an der Albert-Ludwigs-Universität den Lehrstuhl für Völkerrecht, Rechtsvergleichung und Rechtsethik inne – und war von 2012 bis 2016 auf Vorschlag der Bundesregierung Mitglied im deutschen Ethikrat. Dritter im Bunde der neu zu berufenen ist Gunter Czisch, der langjährige Oberbürgermeister von Ulm. Jeweils drei der insgesamt neun Richter dürfen keine Juristen sein – Czisch wird dieser Gruppe angehören.
Die Kandidaten stünden „für unabhängige und unparteiische juristische Wachsamkeit“, sagt der SPD-Fraktionschef Andreas Stoch. Sein FDP-Kollege Hans-Ulrich Rülke sieht in den Richterinnen und Richtern „die hohen Ansprüche des Verfassungsgerichtshofes voll und ganz erfüllt“.
Die AfD fühlt sich übergangen
Bereits im Mai hatten sich die gleichen vier Fraktionen auf den Vorsitzenden der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden, Rami Suliman, für einen Richterposten geeinigt. Die Nachbesetzung war damals notwendig geworden, weil die von der AfD nominierte Sabine Reger im Januar gestorben war. Die AfD hatte für Regers Nachfolge den Sprecher der Landtagsfraktion, Thomas Hartung, nominiert – und prüft derzeit, ob das Vorgehen der vier anderen Parteien sie selbst in ihren Vorschlagsrechten verletzt haben könnte.
Der Verfassungsgerichtshof besteht aus neun Mitgliedern: drei Berufsrichtern, drei Volljuristen und drei Laienrichter. Für jeden Richter wird zugleich ein Ersatzkandidat gewählt. Für diese Posten nominiert sind der Verwaltungsrichter Jens Hoffmann, die Rechtsprofessorin Fruzsina Molnar-Gabor und die Oberkirchenrätin Annette Noller.