In der Landeshauptstadt Stuttgart ist der Urnengang zum Verfassungsreferendum in der Türkei völlig friedlich verlaufen. Trotz einer eher vagen Terrorwarnung.

Stuttgart - Der Palmsonntag war der letzte Tag, an dem Deutschtürken über die Verfassungsreform in ihrer Heimat abstimmen konnten. Dass viele von der Gelegenheit Gebrauch machen würden, war kurz nach Öffnung des Wahlzentrums am regen Verkehr vor dem Konsulargebäude in der Lorenzstraße von Stuttgart-Zuffenhausen erkennbar: „Bitte langsam fahren, es sind viele Leute unterwegs!“, ruft ein Polizist, der jedes Auto stoppt und die Insassen aufmerksam mustert. Fast 146 000 Menschen waren in der Landeshauptstadt zur Stimmabgabe berechtigt, mehr als an jedem anderen Ort in Deutschland.

 

Wähler von der Ostalb bis zum Schwarzwald

Auf dem angemieteten Firmenparkplatz zeigen die Kfz-Kennzeichen Herkünfte von der Ostalb bis nach Sigmaringen oder dem Schwarzwald. Der Busfahrer aus Aulendorf hat die Tour die letzten zwei Wochen, seit Beginn der Abstimmung, schon dreimal gemacht: „Eine halbe Stunde warten, dann geht der volle Bus zurück“, sagt er. „Eine Überraschung“ werde das Ergebnis, sagt ein Einsteigender, ein anderer bekennt, dass er „Evet“ angekreuzt habe, das Ja für die Stärkung der Position des Präsidenten: „Ich gehöre zu Deutschland“, betont er, „aber ich möchte auch eine starke Türkei.“ Vor dem Gebäude stehen schwere Betonelemente. „Gegen den Ernstfall“, wie ein Security-Mann sagt: „Sie wissen sicher, was ich damit meine.“ Am Eingang wird akkurat kontrolliert durch eigenes Personal, flankiert von Security und Polizei. Selbst kleine Kinder werden abgetastet.

Polizei meldet: alles friedlich

Die Terrormiliz IS hatte auf ihrem Propagandakanal zur Attacke auf die Konsulate aufgerufen. Der Einsatzchef der Polizei, Rainer Hellmann, bestätigt dies: „Wir haben das heute früh mit dem Generalkonsul besprochen. Wir haben aber keine konkreten Hinweise und fahren fort wie bisher.“ Mit 70 bis 100 Beamten sei man vor Ort. Alles sei „friedlich verlaufen. Wenn man weiß, was für Spannungen bei Befürwortern und Gegnern entstanden sind, ist das sehr erfreulich“. Ercan Demir, Stellvertreter des Konsuls, berichtet, dass werktags zwischen 6000 und 7000 Personen gekommen seien, am vergangenen Sonntag gar 12 000 – am „Finalsonntag“ aber weniger. Die Wahlbeteiligung wird auf „über 50 Prozent“ geschätzt. An diesem Montag gehen die Wahlzettel nach München, von dort per Flugzeug in die Türkei.