Bei einer Verfolgungsfahrt im Juni 2022 auf der B 27 in Stuttgart-Möhringen blieben ein Streifenwagen und verletzte Beamte zurück. Wer war der Flüchtige?

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Fast ein Wunder, dass die Insassen des Streifenwagens ohne schwereren Blessuren aus dem Wrack steigen konnten. Bei einer Verfolgungsfahrt vor einem halben Jahr auf der B 27 zwischen Möhringen und dem Echterdinger Ei war der Wagen der Stuttgarter Verkehrspolizei schwer verunglückt. Der Flüchtige entkam, und es folgten monatelange Ermittlungen. Nun aber dürfte der Gesuchte identifiziert sein.

 

„Es reicht manchmal eben nicht, ein Kennzeichen zu kennen“, sagt Steffen Grabenstein, Sprecher des Polizeipräsidiums Ludwigsburg, das den Stuttgarter Fall übernommen hatte. Denn bei dem Halter des flüchtigen Autos handelte es sich um ein Mietwagenunternehmen. Eine Frau hatte den Wagen gemietet, war zur Tatzeit aber nachweislich nicht damit unterwegs.

Was sich im Juni abspielte

Angesichts der Vielzahl waghalsiger Fluchtversuche vor der Polizei, zuletzt am Wochenende mit bis zu 300 Kilometer pro Stunde über die Autobahn von Korntal (Kreis Ludwigsburg) bis Mühlhausen (Kreis Göppingen), dürfte dieser spektakuläre Fall weitgehend in Vergessenheit geraten sein. Am 21. Juni 2022 gegen 16 Uhr entdeckt eine Streife in Degerloch einen Skoda Kamiq, besetzt mit zwei Männern, deren Verhalten verdächtig wirkt. Der Wagen soll kontrolliert werden – doch der Skoda-Fahrer gibt Vollgas, über die B 27 in Richtung Autobahn 8. Die Streife, bestehend aus zwei 30 und 50 Jahre alte Beamten und einer 21-jährigen Auszubildenden, verfolgt den Flüchtigen – und verunglückt an der Abfahrt zum Gewerbegebiet Fasanenhof. Der E-Klasse-Mercedes rammt einen Verkehrsteiler. Die Insassen kommen am Ende mit leichten Verletzungen davon. Der Schaden: 85 000 Euro.

Die Spur führt zum Stuttgarter Flughafen

Das Kennzeichen ist bekannt. Bringt aber nur ein neues Rätsel. „Es handelte sich um einen Mietwagen, der am Tag nach dem Unfall am Stuttgarter Flughafen planmäßig abgegeben wurde“, sagt Polizeisprecher Grabenstein. Allerdings nicht von den beiden Männern. Sondern von der Frau, die das Auto gemietet hatte.

Wer aber ist nun der Fahrer, gegen den sich die Ermittlungen richten? Grabenstein verweist auf diverse Hürden, wenn es sich beim Halter nicht um eine natürliche Person, sondern um eine Firma handelt. Wer ist verantwortlich, gibt es eine Auskunft zu den Schlüsselberechtigten, gibt es womöglich ein Zeugnisverweigerungsrecht, wie etwa bei der Fahrzeugmieterin?

Der Beschuldigte hat keine Fahrerlaubnis

Am Ende ermitteln die Ludwigsburger Beamten einen 37-jährigen – es soll sich um den Lebensgefährten der Frau handeln. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen des Verdachts des verbotenen Kraftfahrzeugrennens, dessen Strafrahmen je nach Schwere des Vorwurfs von Geldstrafe bis zu fünf Jahren Haft reicht. Außerdem wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis – dem mutmaßlichen Motiv der Flucht. Gegen die Frau laufen Ermittlungen wegen Beihilfe. Die Beamten selbst haben, so die Auskunft der Stuttgarter Polizei, keine Anzeige erstattet.