Die Schlappe lässt sich die Bahn nicht kampflos bieten: Wegen der Vergabe des Stuttgarter Nahverkehrnetzes an Go-Ahead und Abellio zieht der Konzern vor Gericht.

Stuttgart - Die Deutsche Bahn zieht gegen die Vergabe des Stuttgarter Nahverkehrsnetzes an die beiden Betreiber Go-Ahead und Abellio vor Gericht. Man habe beim Oberlandesgericht Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer des Regierungspräsidiums Karlsruhe eingereicht, teilte das Unternehmen am Dienstag mit.

 

Nach Ansicht der Vergabekammer hatte sich das Verkehrsministerium zu Recht dafür entschieden, den Milliardenauftrag an die beiden Wettbewerber der Bahn zu vergeben. Die Bahn hatte zwar das billigste Angebot vorgelegt, aber nach Angaben des Ministeriums eine Auflage bei der Preisgestaltung missachtet. Das OLG ist die letzte Instanz.

Bahn: Werden weiter kämpfen

Das Stuttgarter Netz reicht bis nach Mannheim, Bruchsal, Osterburken, Tübingen, Crailsheim, Ulm, Karlsruhe, Würzburg und Aalen - dort liegen die Endpunkte. Es war für die Ausschreibung in drei Lose aufgeteilt worden. Abellio soll ab 2019 das Neckartal befahren, Go-Ahead Rems-Fils und Franken-Enz. S-Bahnen gehören nicht dazu.

„Wir werden weiter für die Anerkennung unseres Angebots und den Erhalt unserer mehr als 1000 Arbeitsplätze kämpfen“, betonte DB-Regio-Chef Andreas Moschinski-Wald. Die Bahn argumentiert, dass sie nur die vorgegebenen Kalkulationsregeln anders ausgelegt hat.

Nach früheren Angaben des Ministeriums hatten die Bieter die Auflage erhalten, die Preise pro Zugkilometer im ersten Jahr des Betriebs nicht mehr als zehn Prozent höher zu gestalten als in den Folgejahren. Diese Anforderung hatte die Bahn laut Begründung des Ministeriums nicht erfüllt.

Ministerium kritisiert Bahn

„Es ist bedauerlich, dass die DB den Klageweg beschreitet und damit die Vergabeentscheidung nochmals verzögert“, kritisierte ein Sprecher des Ministeriums. Dem Verfahren sehe man aber gelassen entgegen. Die Bahn habe Mindestkriterien nicht erfüllt. Aufgrund des Vergaberechts habe das Land daher keine andere Möglichkeit gehabt, als das Unternehmen auszuschließen. „Diese Rechtsauffassung wurde am 17. Februar 2016 durch die Vergabekammer sehr klar bestätigt.“

Auch Go-Ahead warf der Bahn Verzögerungstaktik vor. Geschäftsführer Stefan Krispin geht allerdings davon aus, dass das OLG in der zweiwöchigen Frist entscheidet, die Klage nicht anzunehmen. Das Urteil der Vergabekammer sei so eindeutig gewesen, dass das Gericht der Linie voraussichtlich folgen werde, hieß es.

Andernfalls sei im besten Fall mit einer Verzögerung von vier Monaten zu rechnen. Das hätte auch Auswirkungen auf den geplanten Betriebsstart im Jahr 2019. Dies würde der Bahn erlauben, ihren bisherigen Vertrag zu den deutlich besseren alten Konditionen zu verlängern. „Dieser Übergangsvertrag ginge zu Lasten des Steuerzahlers“, kritisierte Krispin. Überdies könnten die Reisenden erst später von modernen Fahrzeugen profitieren.

Go-Ahead: Keine Rede von Lohndumping

Zu Berichten, dass Lokführer sich bereits mit Blick auf einen möglichen Betreiberwechsel bahnintern wegbewerben, sagte er: „Wir brauchen qualifizierte Leute.“ Go-Ahead sei tarifgebunden. Von Lohndumping könne keine Rede sein.

Der Auftrag für die Stuttgarter Netze umfasst von 2019 an rund 14,8 Millionen Zugkilometer im Jahr. Das Umsatzvolumen auf 13 Jahre Vertragslaufzeit liegt bei 2,7 Milliarden Euro. Durch den Wettbewerb hat Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) erreicht, dass sich der Preis, den das Land pro Zugkilometer zahlen muss, von derzeit noch 11,69 Euro halbiert.

Die Bahn hatte 2003 den Zuschlag für den 2016 auslaufenden „großen Verkehrsvertrag“ ohne Ausschreibung erhalten. Er umfasst 40 Millionen Zugkilometer pro Jahr.