Ist es ein Freudenhaus? Oder doch nur ein Puppenverleih? In einem Etablissement in einem Freiberger Gewerbegebiet wird Sex mit Puppen angeboten. Die Stadt ist überrascht – und ratlos.

Freiberg/Neckar - Ein unscheinbarer Hof in einem unscheinbaren Gewerbegebiet im ebenso unscheinbaren Freiberg am Neckar. Auf einem Schild, das einem Autokennzeichen nachempfunden ist, steht „Firma Charisma“. Was sich dahinter verbirgt, erfährt man jedoch nur, wenn man zuvor auf einschlägigen Internetseiten recherchiert hat. Denn man wünscht keine Laufkundschaft, sondern diskrete Terminvereinbarung per Telefon. Erst dann bekommt man auch die Adresse genannt.

 

Worum es geht? Um Sex mit Puppen. Kein Sex mit aufblasbaren Gummipuppen, die man mittlerweile schon bei Amazon für unter 20 Euro bestellen kann. Sondern mit „Traumfrauen aus medizinischem Silikon“. Eine „neue Generation Sex“ wird dort versprochen, „das erste Mal in Baden-Württemberg“, heißt es. 50 Euro kostet eine halbe Stunde mit einer der vier verfügbaren Puppen mit den Namen Vero, Lilly, Anna und Lexy. Die „Ladies“, wie es im Werbetext heißt, seien immer „extrem willig und absolut unkompliziert“. Kondome werden bereitgestellt, sind aber nicht Pflicht. Ab fünf Personen gibt es auch ein Gruppenangebot in geschlossener Gesellschaft.

Angemeldet ist ein Gewerbe, das Sexpuppen vermietet

Bei der Stadt Freiberg ist man überrascht, dass es ein solches Etablissement gibt – und dann auch noch auf der eigenen Gemarkung. „Wir wissen das auch erst seit zwei oder drei Tagen“, berichtet der Ordnungsamtsleiter Peter Müller – ironischerweise durch eine Presseanfrage.

Genehmigt habe man ein Sexpuppen-Bordell jedenfalls nicht. Es habe aber vor Kurzem eine Gewerbeanmeldung gegeben, bei der es um den Verkauf und die Vermietung von Sexartikeln gehe. Müller vermutet, dass es sich dabei um die Firma Charisma handelt, will das aber noch weitergehend prüfen. Jene angemeldete Firma sei jedenfalls „seit Ende Juli aktiv“.

„Wir werden nun auf den Betreiber zugehen und eine Betriebsbeschreibung anfordern“, sagt Müller. Sollte es sich herausstellen, dass Kunden dort vor Ort Sex mit den Puppen haben können, wäre das eine Vergnügungsstätte, die zum einen nicht genehmigt sei und zum anderen an der Stelle auch gar nicht genehmigt werden könne – in dem Gewerbegebiet sind Vergnügungsstätten wie Diskotheken, Spielhallen und eben auch Bordelle verboten. In dem Fall würde die Stadt „eine Nutzungsuntersagung erwägen“, sagt Müller.

Sex mit einer Puppe gegen Geld ist keine Prostitution

Wobei die Tatsache, dass es sich hierbei nicht um Prostituierte, sondern um Sexpuppen handelt, die Behörden zusätzlich verwirrt. „Dieses Phänomen ist uns völlig unbekannt“, gesteht Müller.

Auch beim Landratsamt weiß man nur bedingt weiter: Laut Prostitutionsverordnung des Landes sei Prostitution nur in Städten mit mehr als 35 000 Einwohnern erlaubt. Wird der Kreisbehörde ein illegaler Betrieb gemeldet, könne ihn die Polizeibehörde schließen. Da es sich bei Prostitution aber laut der juristischen Definition um das Erbringen einer sexuellen Dienstleistung durch eine Person handelt, ist Sex mit einer Puppe gegen Bezahlung streng genommen keine Prostitution. Sprich: Das Landratsamt kann das Etablissement nicht verbieten, selbst wenn es wollte.

In Dortmund eröffnete 2016 das erste Puppen-Bordell

Die Idee, Sex mit Puppen zu haben, ist wahrscheinlich fast so alt wie die Menschheit selbst. Seit es aber in der Produktion derart starke Fortschritte gegeben hat, dass die Puppen beinahe echt aussehen, ist auch der Markt dafür gewachsen. Im April 2016 eröffnete in Dortmund das erste Bordell mit Sexdolls – das Bordoll. Und in Online-Shops lassen sich die Puppen ganz nach den Vorlieben des Bestellers gestalten: Haarfarbe, Hautfarbe, Größe der Brüste, selbst die Beschaffenheit der Schambehaarung lässt sich auswählen. Ein integriertes Heizsystem für die Puppe kostet extra. Am Ende zahlt man für eine professionelle Sexpuppe 2000 bis 7000 Euro. Es gibt bereits Tüftler, die daran arbeiten, dass die Puppen kommunizieren können. Und laut einer Studie würde jeder fünfte Deutsche mit einem Sexroboter schlafen.

Der Betreiber von Charisma in Freiberg jedenfalls sieht in seinem Etablissement kein Problem. „Das ist alles angemeldet“, sagt er. Namentlich erwähnt werden möchte er jedoch nicht. Das Angebot erfreue sich einer großen Nachfrage – gerade auch, weil es etwas Neues sei. Die Hygiene sei auch kein Problem – nach jedem Gast würden die Puppen gereinigt und desinfiziert.

Die Erlebnisberichte von Besuchern in einem einschlägigen Internet-Forum fallen dann auch ganz unterschiedlich aus. Mancher bewundert den unternehmerischen Mut des Betreibers und will es „aus Neugierde“ mal ausprobieren. Andere sehen darin nur Geldmacherei mit einem speziellen Fetisch. Und bei einigen Kritikern macht sich dann auch eine eher nüchterne Erkenntnis breit. Ein Forumsbesucher fasst es folgendermaßen zusammen: „Leute, eine Gummipuppe kann doch eine Frau nicht ersetzen! Wenn das der Sex der Zukunft ist, bin ich froh, ihn nicht mehr erleben zu müssen.“

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