Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)
Auch Leute, die für Tierschutz eintreten, haben zu Hause Katzen oder Hunde – die meist mit Fleisch von Nutztieren gefüttert werden. Ist das nicht ein Widerspruch?
Jeder muss sich entscheiden, welches Haustier er haben will und wie er es füttert. Es ist vielleicht ein bisschen unglücklich, dass unsere bevorzugten Begleiter Fleischfresser sind. Dabei vertragen Hunde durchaus eine vegane Ernährung, auch bei Katzen ist es möglich, aber ich gebe zu, dass es da schwieriger ist. Vielleicht sollten wir über andere Haustiere nachdenken. Ratten sind großartige Gefährten und lassen sich als Allesfresser sehr gut vegan ernähren. Sie lernen deinen Namen, sie empfangen dich, wenn du nach Hause kommst. Vielleicht sind sie ja die Haustiere der Zukunft.
Und Fische als Haustiere?
Das kommt darauf an. Kleinere Fische in einem ausreichend großen Aquarium können okay sein. Aber die meisten Aquarien in Häusern sind zu klein. Das andere Problem ist die Beschaffung. Viele Zierfische werden mit fragwürdigen Methoden in freier Natur gefangen – zum Beispiel in Korallenriffs. Und dann kommt noch der Transport. Am Ende überleben nur zehn Prozent der gefangenen Fische. Die Käufer sehen das nicht, weil es hinter den Kulissen passiert.
Sie sagen, dass Fische viel mehr können, als viele glauben. Nennen Sie mal ein Beispiel.
Eine aktuelle Studie zeigt, dass Fische uns am Gesicht erkennen können. Sogar, wenn man die Haare oder die Ohren ausblendet. Die Forscher untersuchten Schützenfische, die mit Wasser spritzen, um Insekten zu jagen. Was an sich schon ziemlich schlau ist. Man kann ihnen zwei Ziele anbieten: ein bekanntes Gesicht – oder ein unbekanntes. Die Fische lenkten ihren Wasserstrahl in vier von fünf Fällen auf das vertraute Gesicht – und das, obwohl sie zwischen 40 verschiedenen Gesichtern wählen konnten. Fische haben auch Emotionen. Sie können verärgert sein – und sich entspannen.
Woran arbeiten Sie gerade?
Ein wichtiges Projekt ist das Online-Journal „Animal Sentience“. Das ist die erste wissenschaftliche Fachzeitschrift, die sich mit den Empfindungen von Tieren beschäftigt und bei der ich zu den Herausgebern gehöre. Wir haben keine inhaltliche Festlegung. Der erste Artikel vertrat die alte These, dass Fische keinen Schmerz fühlen. Wir teilen diese Haltung nicht, aber wir haben ihn trotzdem publiziert.
Wie kompromissbereit muss man als Tierschützer sein?
Es gibt immer ein paar Leute, die quasi über Nacht zu gravierenden Änderungen bereit sind. Aber die meisten gehen lieber schrittweise vor. Auch denen müssen wir Türen öffnen. Wir müssen uns zum Beispiel auch mit Tierhaltern an einen Tisch setzen, um Verbesserungen für Nutztiere zu erreichen.