Ein Anti-Atom-Aktivist hat gegen die Speicherung persönlicher Daten geklagt, weil er diese für rechtswidrig hält. Bei der Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof dürften die Vertreter des Landes wenig gepunktet haben.

Kreis Ludwigsburg - In einer streckenweise skurrilen Verhandlung ist am Dienstag am Verwaltungsgerichtshof Mannheim (VGH) die Klage eines Anti-Atom-Aktivisten aus dem Kreis Ludwigsburg gegen das Land erörtert worden. Der 59-Jährige wirft dem Landeskriminalamt (LKA) vor, über Jahre hinweg unrechtmäßig Daten über ihn gespeichert zu haben. Die Vertreter des Landes stritten dies ab – mit teilweise kuriosen Argumentationsketten. Ein Urteil steht noch aus, doch die Chancen des Klägers dürften nicht die schlechtesten sein.

 

Denn die drei Vertreter des Landes machten in der Verhandlung keine besonders gute Figur. Immer wieder gerieten sie in Erklärungsnöte, konnten ihre Aussagen nicht durch Dokumente belegen oder erklärten sich bei Detailfragen für nicht zuständig. So konnten sie weder die konkreten Anlässe für die Speicherung der Daten nennen noch die Rechtmäßigkeit derselben in irgendeiner Form belegen. Der Grund dafür sei die Tatsache, dass die Akten des Klägers inzwischen vollständig gelöscht seien, hieß es.

LKA verfasste ein gutes Dutzend Einträge

Konkret geht es um ein gutes Dutzend Einträge, die das LKA seit 1999 über den 59-jährigen Kläger verfasst hat. Der Anlass, den Aktivisten näher zu beobachten, war offenbar ein Verfahren vor dem Amtsgericht Besigheim im Jahr 2000. Dabei wurde dem Mann vorgeworfen, im Rahmen einer Anti-Atom-Aktion gefährlich in den Schienenverkehr eingegriffen zu haben. Das Verfahren wurde 2001 allerdings wegen Geringfügigkeit eingestellt.

Dennoch, so zumindest stellte es sich vor dem VGH dar, wurde dieser Vorfall offenbar vom LKA zum Anlass dafür genommen, weiterhin Daten über den Atomgegner zu sammeln. Schließlich sei es durchaus rechtmäßig, Daten von Personen zu speichern, die zuvor noch nicht straffällig waren, wenn man diese für potenzielle Straftäter halte, so die Argumentation. Auf die mehrfache Nachfrage des Vorsitzenden Richters Volker Ellenberger, mit welcher Rechtfertigung man sich auf ein eingestelltes Verfahren berufen könne, kamen lediglich ausweichende Antworten der Landesvertreter. Es habe eben andere Anhaltspunkte für potenzielle Straftaten gegeben, hieß es.

Doch auch diese konnten nicht benannt werden, obwohl das LKA zur Konkretisierung derselben in der jeweiligen Akte verpflichtet ist. Hier zeigte sich selbst der Staatsschützer vom LKA ratlos über die mangelnde Dokumentation. Richter Ellenberger fragte daraufhin ungehalten: „Wie sollen wir denn überprüfen, ob das damals rechtmäßig oder rechtswidrig war? Wir haben gar keine Anhaltspunkte.“

Kläger liegt seit Jahren mit dem Land im Clinch

Der Kläger zeigte sich erfreut ob der kritischen Haltung des Gerichts. Immerhin liegt er wegen dieser Sache seit Jahren mit dem Land im Clinch. Nur durch Zufall hatte der heute 59-Jährige 2007 erfahren,dass eine ganze Liste von Einträgen über ihn beim LKA gespeichert war. Damals hatte eine Polizistin ihn angerufen, um ihn dazu zu bringen, eine geplante Anti-Atom-Demo anzumelden. Wenn er dies nicht tue, sei das eine weitere Straftat in seiner langen Liste. Der Aktivist war wie vor den Kopf gestoßen: „Ich war weder der Leiter der Demo noch wusste ich von den Einträgen“, sagt er jetzt.

Er begann, Nachforschungen anzustellen, doch zunächst seien ihm die Auskünfte verweigert worden, sagt er. Daraufhin klagte er vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart. Zwei Wochen vor der Verhandlung, so erzählt der 59-Jährige, habe er die Übersicht über die Einträge erhalten – samt der Mitteilung, dass diese nun gelöscht seien. Am Verwaltungsgericht habe man die Sache damit als erledigt angesehen. Doch er zweifle die Rechtmäßigkeit der Einträge immer noch an. Schließlich hätten diese völlig legale Aktionen wie die Anmeldung von Info-Ständen oder Mahnwachen dokumentiert. Da er auch in Zukunft beabsichtige, gegen Atomkraft zu protestieren, fürchte er weitere Einträge beim LKA. Deshalb wolle er die Sache nun geklärt wissen. Das Urteil wird in den kommenden Wochen schriftlich ergehen.