Aktuell wird in Brüssel der neue EU-Haushalt verhandelt. Dabei zeigt sich, dass Baden-Württemberg bis 2020 mit Rückflüssen von insgesamt knapp fünf Milliarden Euro rechnen kann. Die Gelder sollen vor allem an Bauern, Forscher und Langzeitarbeitslose gehen.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel/Stuttgart - Deutschland ist der größte Nettozahler in der EU. 2016 überwies die Bundesrepublik, die mit Abstand das Land mit der größten Wirtschaftsleistung in der EU von 28 Mitgliedstaaten ist, 10,08 Milliarden Euro mehr nach Brüssel, als an Zuwendungen von der EU zurückflossen. Pro Kopf kostet die EU damit jeden Bundesbürger im Schnitt 176 Euro im Jahr. Schweden (226 Euro), Niederländer (219) und Briten (178) zahlen jedoch pro Kopf mehr ein.

 

In Brüssel laufen gerade die Verhandlungen an, wie viel Geld die 27 Mitgliedstaaten der EU im nächsten mittelfristigen Finanzrahmen, der die Haushaltsjahre 2021 bis 2027 abdecken wird, jeweils zum EU-Haushalt beisteuern. Am Verhandlungstisch im Rat, dem Gremium der Mitgliedstaaten, sitzen die Staats- und Regierungschefs.

Nicht direkt dabei sind die Ministerpräsidenten der Länder. Dabei sind die Schwerpunkte des EU-Haushalts entscheidend dafür, wie viel Geld am Ende aus Brüssel in die Bundesländer zurückfließt. So kann Baden-Württemberg im laufenden EU-Finanzrahmen, der sich von 2014 bis 2020 erstreckt, mit Rückflüssen von insgesamt knapp fünf Milliarden Euro rechnen. Von den sogenannten Kohäsionsfonds, die den ärmeren Mitgliedstaaten bei Investitionen in Umwelt und Verkehrsinfrastruktur helfen sollen, ist Deutschland ausgeschlossen. Diese Gelder gehen nur an die 15 Mitgliedstaaten mit der niedrigsten Wirtschaftsleistung pro Kopf.

Vor allem die Landwirtschaft erhält EU-Gelder

Am meisten EU-Geld geht in die Landwirtschaft im Südwesten. Das geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Joachim Kößler (CDU) hervor, die unserer Zeitung vorliegt. Zwischen 2014 und 2020 bekommt Baden-Württemberg rund 710 Millionen Euro aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds (ELER). Das sind etwa 7,5 Prozent der an Deutschland fließenden Mittel aus diesem Topf. Flächenmäßig macht Baden-Württemberg etwa zehn Prozent der Bundesrepublik aus. Zudem bekommt Baden-Württembergs Landwirtschaft jedes Jahr rund 420 Millionen Euro. Aus diesem Posten werden vor allem die Direktzahlzungen an die Landwirte bestritten. Pro Hektar Land bekommt ein Landwirt in Deutschland im Schnitt 281 Euro pro Jahr.

Den zweitgrößten Posten macht die Forschungsförderung aus. Allein von 2014 bis Mai vergangenen Jahres haben Einrichtungen in Baden-Württemberg EU-Zuschüsse in Höhe von 729 Millionen Euro eingeworben. Die Einrichtungen mussten sich dafür in Ausschreibungen gegen Konkurrenz in der gesamten EU durchsetzen. 280 Millionen Euro gingen an Hochschulen im Land, 238 Millionen an Forschungseinrichtungen und 193 Millionen an Unternehmen.

Mehr Mittel für Integration von Langzeitarbeitlosen

Den drittwichtigsten Posten machen Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) aus. Zwischen 2014 und 2020 bekommen Projekte, die teils von den Kommunen organisiert werden, EU-Mittel in Höhe von rund 260 Millionen Euro. Das Land steuert hierzu einen Beitrag in etwa der gleichen Höhe als Eigenmittel bei. Die Mittel aus dem Sozialfonds setzt das Land vor allem ein, um Langzeitarbeitslose und andere Arbeitnehmer mit Vermittlungshemmnissen möglichst in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Den viertwichtigsten Posten machen Mittel aus dem EU-Programm für die regionale Entwicklung aus. Hier dürften im laufenden Finanzrahmen rund 246 Millionen Euro an EU-Mitteln in den Südwesten fließen. Auch bei diesem Programm sind Eigenmittel des Landes gefordert. Der Anteil an Eigenmitteln kann schwanken zwischen 25 und 75 Prozent. Brüssel unterstützt zudem Studenten bei Auslandssemestern. 2013/2014 konnten allein im Südwesten 7100 Studenten ins Ausland gehen. Das Erasmus+-Programm leistete dabei organisatorische Hilfe sowie einen Beitrag von bis zu 500 Euro im Monat für den Lebensunterhalt. 4300 Studenten aus der EU konnten 2013/2014 zum Studium in den Südwesten kommen.